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„Die arbeitenden Menschen werden das nicht bezahlen!“

vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit über kommende Lohnrunden und harte Auseinandersetzungen.

vida-Magazin: Die Inflation ist im August von 7 auf 7,4 Prozent geklettert. Was heißt das für anstehende Lohnrunden?

Roman Hebenstreit: Was das bedeutet, das haben wir im September mit unserer Menschenkette rund um das Parlament klargemacht: Die Preise müssen runter, die Regierung muss endlich handeln. Österreich ist europäisches Schlusslicht bei preissenkenden Maßnahmen. Nichts zu tun und jetzt von uns Lohnzurückhaltung bei den KV-Verhandlungen zu fordern, ist letztklassig. Im vergangenen Jahr sind die Gewinnausschüttungen um 60 Prozent von 3,6 auf 6 Milliarden (!) Euro gestiegen. Das heißt, eindeutig die Gewinne und nicht die Löhne treiben die Preise. Laut einer Studie der Österreichischen Nationalbank sind allein die Gewinnsteigerungen der Gastronomie und Hotellerie für ein Viertel des Inflationsanstiegs verantwortlich. Und mir will doch wohl keiner erklären, dass in der Gastronomie die Löhne die Preise treiben. Unser Auftrag ist es, dafür zu sorgen, dass arbeitende Menschen nicht ärmer werden.

vida-Magazin: Welche preissenkenden Maßnahmen hat der ÖGB gefordert?

Roman Hebenstreit: Wir haben etwa einen wirksamen Energiekostendeckel, einen Mietpreis-Stopp,  eine Mehrwertsteuersenkung auf Grundnahrungsmittel und eine den versagenden Markt regulierende Preiskommission gefordert. Das Ergebnis des Verweigerns derartiger Maßnahmen beschert uns einen guten Platz unter den Top 10 der Länder mit der höchsten Inflation in Europa. Die Regierung hat es verabsäumt, mit inflationsdämpfenden Maßnahmen Druck aus der  Herbstlohnrunde zu nehmen. Die arbeitenden Menschen werden dafür jedenfalls nicht die Rechnung bezahlen. Auch wenn die Inflation wieder sinkt, bedeutet das ja nur, dass die Preise langsamer  steigen, es wird dadurch nichts billiger. Der Kaufkraftverlust muss in den Lohnverhandlungen in jedem Fall ausgeglichen werden.

vida-Magazin: Was fordert die Gewerkschaft vida?

Roman Hebenstreit: Neben einer Inflationsabgeltung steht den Beschäftigten ein Anteil am wirtschaftlichen Erfolg als Reallohnerhöhung zu. Letztes Jahr haben wir erfolgreich verhandelt und quer über die vida-Branchen Reallohnerhöhungen erreicht. Das ist auch heuer unser Ziel. Im August konnten wir zuletzt im Schnitt 16 Prozent Lohnerhöhung für Beschäftigte im Kleintransportgewerbe erreichen. Jedenfalls halten wir an unserer Forderung nach 2.000 Euro Bruttomindestlohn fest. Es ist einfach nur erbärmlich, dass es immer noch Branchen gibt, in denen Löhne bezahlt werden, von denen man kaum leben, geschweige denn eine Familie ernähren kann.

vida-Magazin: Und da werden die Arbeitgeber mitspielen?

Roman Hebenstreit: Ich rechne mit harten Auseinandersetzungen. Faktum ist, wir verhandeln immer über die durchschnittliche (rollierende) Inflation der letzten 12 Monate und da sind die Unternehmensgewinne mitunter stark gestiegen. Von diesem Kuchen müssen auch die Beschäftigten ein Stück bekommen. Produzenten, Händler, Dienstleister und Vermieter reichen ihre durch die Inflation gestiegenen Kosten an uns Endverbraucher: innen weiter, weil sie auf ihre Gewinne nicht verzichten wollen. An wen sollen die arbeitenden Menschen ihre erhöhten Kosten weiterreichen? Wir Gewerkschaften müssen bei den KV-Verhandlungen für einen Ausgleich sorgen. Es kann nicht sein, dass anstelle derer, die es sich leisten können, die die Inflation stemmen, die sich nicht wehren können. Wir Gewerkschaften stehen auf der Seite derer, die sich vermeintlich nicht wehren können. Sie zu organisieren, zu ermutigen mit uns aufzustehen und so Gegenmacht zu erreichen, ist unser Auftrag.


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