Arbeit und Behinderung
Im Berufsleben kann es von Vorteil sein, wenn Menschen mit Behinderungen dem Kreis der begünstigten behinderten Menschen angehören. Begünstigte behinderte Menschen haben unter anderem Anspruch auf besondere Förderungen, besonderen Kündigungsschutz und – sofern dies im Kollektivvertrag, Dienstrecht oder in Betriebsvereinbarungen vorgesehen ist – Anspruch auf Zusatzurlaub.
Was muss ich tun, um zum Kreis der „begünstigten behinderten" Menschen zu gehören?
Menschen, die eine Behinderung haben, können einen Antrag bei der zuständigen Landesstelle des Sozialministeriumservice stellen. Beträgt der Grad der Behinderung mindestens 50 Prozent, wird ihnen der Begünstigtenstatus zuerkannt. Die Feststellung des Grades der Behinderung erfolgt durch ärztliche Sachverständige des Sozialministeriumservice.
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Besonderer Kündigungsschutz
Erhöhter Kündigungsschutz bedeutet, dass der/die ArbeitgeberIn vor Ausspruch einer Kündigung die Zustimmung des Behindertenausschusses (dieser ist bei der jeweiligen Landesstelle des Sozialministeriumservices eingerichtet) einholen muss. Eine Kündigung ohne vorherige Zustimmung ist rechtsunwirksam, wenn der Behindertenausschuss nicht in besonderen Ausnahmefällen nachträglich die Zustimmung erteilt.
Achtung: Ein Ausnahmefall, der die nachträgliche Zustimmung rechtfertigt, ist gegeben, wenn dem/der ArbeitgeberIn zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung nicht bekannt war und auch nicht bekannt sein musste, dass der/die ArbeitnehmerIn dem Personenkreis der begünstigten behinderten Menschen angehört.
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Wann gilt der besondere Kündigungsschutz?
Den Kündigungsschutz gibt es erst nach einer gewissen Dauer des Arbeitsverhältnisses:
- Bei Arbeitsverhältnissen, die bis zum 31.12.2010 abgeschlossen wurden, wird der Kündigungsschutz nach dem Ablauf von sechs Monaten (ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) wirksam.
- Für Arbeitsverhältnisse, die ab dem 1.1.2011 neu begründet werden, wird der Kündigungsschutz für Menschen, die den Begünstigtenstatus bereits haben, erst nach dem Ablauf von 4 Jahren (ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) wirksam.
- Anderes gilt für Menschen, die den Begünstigtenstatus innerhalb des Vierjahreszeitraumes erst feststellen lassen: Hier wird der Kündigungsschutz wie bisher bereits nach dem Ablauf von 6 Monaten (ab Beginn des Arbeitsverhältnisses) wirksam. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Behinderung bei Aufnahme des Arbeitsverhältnisses bereits bestanden hat oder erst nachträglich eingetreten ist.
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Wenn jemand auf Grund eines Arbeitsunfalles den Begünstigtenstatus erhält, dann tritt der besondere Kündigungsschutz unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses sofort ein.
Achtung: Bei der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses, dem Ende eines befristeten Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf oder bei berechtigter fristloser Entlassung gilt der besondere Kündigungsschutz nicht.
Ausnahmeregelungen: Bei begünstigten behinderten ArbeitnehmerInnen, die Mitglieder des Betriebsrats, der Personalvertretung oder des Jugendvertrauensrates sind oder die als Behindertenvertrauensperson (StellvertreterInnen) tätig sind, gelten die Kündigungsschutzbestimmungen des Arbeitsverfassungsgesetzes.
Beschäftigungspflicht und Augleichstaxe
ArbeitgeberInnen, die in Österreich 25 oder mehr ArbeitnehmerInnen beschäftigen, sind verpflichtet auf je 25 ArbeitnehmerInnen mindestens einen begünstigten behinderten Menschen einzustellen. Die Anzahl der begünstigten behinderten Menschen, die eingestellt werden müssen, wird als Pflichtzahl bezeichnet.
Erfüllen ArbeitgeberInnen ihre Beschäftigungspflicht nicht, ist für jede nicht besetzte Pflichtstelle eine Ausgleichstaxe zu bezahlen. Die Höhe der Ausgleichstaxe ist gestaffelt, je nach Anzahl der ArbeitnehmerInnen, und beträgt ab 1.1.2016:
- Für ArbeitgeberInnen, die bis zu 24 ArbeitnehmerInnen beschäftigen: keine Ausgleichstaxe
- Für ArbeitgeberInnen, die 25 bis 99 ArbeitnehmerInnen beschäftigen: 251 Euro pro Monat pro nicht besetzte Pflichtstelle
- Für ArbeitgeberInnen, die 100 oder mehr ArbeitnehmerInnen beschäftigen: 352 Euro pro Monat pro nicht besetzte Pflichtstelle
- Für ArbeitgeberInnen, die 400 oder mehr ArbeitnehmerInnen beschäftigen: 374 Euro pro Monat pro nicht besetzte Pflichtstelle
Behindertenvertrauensperson
Behindertenvertrauenspersonen (BVP) nehmen als gewählte ArbeitnehmervertreterInnen die wirtschaftlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Interessen begünstigter behinderter ArbeitskollegInnen und chronisch kranker ArbeitnehmerInnen in einem Betrieb im Einvernehmen mit dem Betriebsrat wahr. In jedem Betrieb, in dem dauernd mindestens fünf begünstigte behinderte ArbeitnehmerInnen beschäftigt werden, ist von diesen eine Behindertenvertrauensperson und eine oder mehrere StellvertreterInnen zu wählen. Die Zahl der StellvertreterInnen hängt davon ab, wie viele begünstigte behinderte ArbeitnehmerInnen im Betrieb beschäftigt sind.