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ÖBB-Chaos: Politik und Management versagen

Forderung nach Konsequenzen in der nächsten Aufsichtsratssitzung: „Keine Zuckerl für Fleck im Zeugnis“

„Politik und Management sind dabei aus dem ehemaligen europäischen Vorzugsschüler ÖBB einen Nachsitzkandidaten zu machen“, ist Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Bahngewerkschaft vida, über das „bestenfalls knappe Genügend“, welches die ÖBB im ORF-Interview von ihrem obersten Manager erhalten haben, entsetzt.

„Österreich, das mehrfache Bahnland Nummer 1 in der EU, wurde offenbar Opfer seines eigenen Erfolges. Wenn man schon der Ansicht ‚Kunde droht mit Auftrag‘ ist, dann haben die Verantwortlichen in Politik und Management kein Genügend, sondern nur mehr einen lupenreinen Fleck verdient. Die Belegschaft hingegen eine Eins Plus. Sie geben ihr Letztes, dass die Services der Bahn nicht weiter eingeschränkt werden müssen“, so Hebenstreit.

Eklatantes Personalproblem

Es ist unerträglich, mit welchen Argumenten das Management das eklatante Personalproblem bei den ÖBB kleinzureden versuche und gleichzeitig dafür gesorgt habe, dass alle Eisenbahnberufe in der Zwischenzeit auf der berüchtigten Mangelberufsliste stehen. „Da hört sich der Spaß auf“, so Hebenstreit weiter.



Wenn man sich dafür rühmt, dass man Jahr für Jahr mit weniger Personal auskommt, als man ursprünglich geplant hatte, dann bekommt man irgendwann die Rechnung dafür präsentiert.

Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida

4 Millionen Überstunden

Die ÖBB-Beschäftigten haben im vorigen Jahr über 4 Millionen Überstunden geleistet. Und sie warten noch immer darauf, dass sie ihre 350.000 Resturlaubstage konsumieren können. Es ist eklatanter Personalmangel an allen Enden und Ecken spürbar. Politik und Management müssen jetzt rasch Entscheidungen treffen. Sie sind schließlich dafür verantwortlich, wo die Reise mit der Bahn hingeht“, betont Hebenstreit.

Ausbildungskapazitäten erhöhen

In den nächsten sechs Jahren verlieren die ÖBB 19.000 Beschäftigte, also fast die halbe Belegschaft. „Man hätte die Ausbildungskapazitäten rechtzeitig erhöhen, die Lehrlingsausbildung verdoppeln können. Das haben wir seitens der Gewerkschaft und des Betriebsrats immer und immer wieder eingemahnt. Das alles ist nicht passiert, das ist ein gesamtes Führungsversagen der Politik und des Managements.

Will man eine krisenfeste Bahn haben, die Qualität bietet, dann kann man nicht nur Milliarden in die Infrastruktur und in die Fahrzeuge stecken, sondern man muss auch in das Personal investieren“, sagt der vida-Gewerkschafter. Um mehr Personal zu bekommen, müssen die Arbeitsbedingungen verbessert und die Löhne erhöht werden, um die Menschen zu bekommen, die es bei den ÖBB braucht. Man müsse sich seitens der Politik auch entscheiden, will man eine krisenfeste, qualitativ hochwertige Bahn haben oder will man weiterhin auf Wettbewerbsfähigkeit, Liberalisierung und Kostensenkung setzen, gibt Hebenstreit zu bedenken.

Als Belegschaftsvertretung habe man in den letzten Jahren im Aufsichtsrat ständig auf alle Probleme bei den ÖBB hingewiesen. Aber die Vorgaben seitens der Politik und Eigentümervertretung seien restriktiv gewesen und das Management habe bei den Kosteneinsparen und Effizienzsteigerungen übers Ziel hinausgeschossen. „Die Rechnung dafür bekommen jetzt die Fahrgäste und die Beschäftigten, die das in der Öffentlichkeit aushalten müssen, präsentiert“, kritisiert Hebenstreit.

Kein Zuckerl für Fleck im Zeugnis

Hebenstreit kündigte an, in seiner Konzernbetriebsratsfunktion als Mitglied des Aufsichtsrats der ÖBB Holding, bei der kommenden hundertsten Aufsichtsratssitzung am nächsten Mittwoch Konsequenzen zu fordern: „Erstmaßnahme muss die Streichung der Bonus-Zahlungen für das Topmanagement sein, für einen Fleck im Zeugnis kann es keine Zuckerl geben. Außerdem bedarf es einer zusätzlichen Ausbildungsoffensive, etwa der Verdoppelung der Lehrlingszahlen. Wer Fachkräfte braucht, muss sie auch Ausbilden!“

 


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