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ÖBB: Für Wachstumskurs statt Privatisierung

Güterverkehr - Gegen Ausgliederung der RCA-Kontraktlogistik.

Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der letzten Sonderaufsichtsratssitzung der ÖBB Rail Cargo Austria AG am 30. Oktober haben die BetriebsrätInnen der RCA am 5. November 2012 eine außerordentliche Betriebsräteversammlung einberufen. Dabei haben sie sich erneut geschlossen gegen die Ausgliederung der Kontraktlogistik mitsamt ihren 925 MitarbeiterInnen aus dem ÖBB-Konzern ausgesprochen - ein Aufschub über dieses Vorhaben konnte in dieser Aufsichtsratssitzung von den ArbeitnehmervertreterInnen erwirkt werden. Über die Zukunft der Kontraktlogistik soll nun Anfang Dezember entschieden werden - das Zusperren von rund 40 RCA-Verladestellen und eine Verringerung des Angebots der Rollenden Landstraße wurde hingegen bereits von Unternehmensseite aus beschlossen.

Nicht willkürlich mit Staatseigentum verfahren

"Eine 50:50 Aufteilung der Kontraktlogistik mit einem privaten Partner in einer neuen Gesellschaft, wie von den RCA-Vorständen vorgeschlagen, wäre eine Privatisierung durch die Hintertür", lehnte RCA-Konzernbetriebsratsvorsitzender Werner Harrer einen Verkauf der ÖBB oder Unternehmensteilen von diesen strikt ab. "Zudem gibt es keinen Eigentümerauftrag der Republik, Teile der ÖBB zu verkaufen. Die Vorstände können mit Staatseigentum nicht willkürlich verfahren, wie es ihnen gerade passt", bekräftigte Harrer.

Der Zentralbetriebsratsbetriebsratsvorsitzende stellte auch klar, dass die ArbeitnehmervertreterInnen im RCA-Aufsichtsrat - wie fälschlicherweise vom ÖBB-Management kolportiert - der Schließungen von Standorten, Auslagerungen von Arbeit ins Ausland oder Kündigungen nicht zugestimmt haben. Das Management habe in Eigeninitiative vielmehr 100 Beschäftigten einvernehmliche "Golden Handshakes" angeboten – beim Arbeitsmarktservice sei niemand zur Kündigung angemeldet worden. "Unser Ziel ist und bleibt der Erhalt der Arbeitsplätze - und zwar innerhalb des Unternehmens ÖBB", machte Harrer deutlich.

Wirtschaftskrise: Güterverkehr in dramatischer Situation

Österreich sei beim Klimaschutz säumig und lasse trotzdem Schließungen beim Schienengüterverkehr zu, kritisierte ÖBB-Konzernbetriebsratsvorsitzender Roman Hebenstreit bei der Versammlung. Der Güterverkehrsmarkt befinde sich mit einem Rückgang von 5 Prozent aufgrund der Wirtschaftskrise in einer "dramatischen Situation". Durch das massive Einknicken des Marktes habe die RCA auch die Managementverfehlungen der letzten Jahre - erinnert sei nur an die "Spekulationsgeschäfte" oder das Missmanagement nach dem Kauf der ungarischen MAV Güterbahn – verstärkt zu spüren bekommen.

Hebenstreit fordert das Management zu offensiven Schritten für den Güterverkehr auf: "Wo bleiben die Marktoffensive und die Vorwärtsstrategie, damit die RCA wieder als Firma am Markt agieren kann? Was haben die Vorstände in den letzten Jahren außer einer Reduktion des Leistungsangebots zusammengebracht?" Der RCA-Sparkurs stehe zudem im Widerspruch zur Absicht der Verkehrspolitik, den Modal Split zwischen Schiene und Straße zugunsten der umweltfreundlicheren Bahn weiter zu verbessern.

Boden beim Sparen ist erreicht

Der Defensiv- und Sparkurs im Güterverkehr schlage sich bereits auf die anderen Firmen der ÖBB-Holding nieder: Erste Auswirkungen erkenne man durch einen Auftragsmangel bei den Technischen Services und der ÖBB-Produktion. "Der Boden ist beim Sparen erreicht. Denn es hilft nichts mehr, wenn das Personal keine Arbeit hat und die Lokomotiven stehen", so Hebenstreit: "Aber zu schauen, was man noch beim Personal einsparen kann, ist für die Vorständen offenbar weniger anstrengend als wenn sie zu den Kunden um Aufträge gehen müssten."

Betriebsrat und Gewerkschaft werden auch einer "Privatisierung light" der RCA nicht zustimmen. Es müsse massiv an einem marktoffensiven Wachstumskonzept für die RCA gearbeitet werden. Für die Sanierung der Güterverkehrssparte und zur Abwendung von Auslagerungen bedarf es auch einer Kraftanstrengung der Belegschaft, verlangt Hebenstreit für die Kontrastlogistik und ihre Beschäftigten eine alternative Lösung innerhalb der ÖBB. 

Umweltfreundlicher Schiene gibt es nicht gratis

"Liberalisierungen und Privatisierungen sind keine geeigneten Mittel, um die konjunkturellen Auswirkungen der Wirtschaftskrise aufzufangen. Das haben die letzten Jahre gezeigt - das sollte die Politik gelernt haben", sprach sich auch Gottfried Winkler, Vorsitzender der Sektion Verkehr in der Gewerkschaft vida, bei der BetriebsrätInnenversammlung gegen Privatisierungen im Bereich der ÖBB aus.

Ein Verkauf der RCA-Kontraktlogistik sei eine grundsätzliche Entscheidung. Vor allem, weil die Politik angekündigt habe, sie wolle mehr umweltfreundliche Transporte auf der Schiene haben, so Winkler. Der Koalitionspartner SPÖ habe sich auf dem Parteitag einstimmig und klar gegen Privatisierungen im Bereich der ÖBB ausgesprochen. "Auch die Entscheidungen zum Güterverkehr sollten auf politischer Ebene gefällt werden", fordert Winkler. Es gehe um Umweltfreundlichkeit, gute Arbeitsplätze und vernünftige Entlohnung für die ArbeitnehmerInnen. "Will die Politik das auch in Zukunft haben, dann muss klar sein, dass das etwas kostet", unterstrich der vida-Sektionsvorsitzende.

Sozialplan für alle Fälle in Vorbereitung

Um gut vorbereitet zu sein, hat die BetriebsrätInnenversammlung den RCA-Zentralbetriebsrat mit der Vorbereitung eines Sozialplanes entsprechend des Arbeitsverfassungsgesetzes für eventuell betroffene Beschäftigte der Kontraktlogistik einstimmig beauftragt. Alle wichtigen Punkte müssten zur Sicherheit so schnell wie möglich fixiert werden: So stehen bei den Forderungspunkten ein Rückkehrrecht zur RCA, eine Beschäftigungsgarantie sowie ein Erhalt der Ansprüche aus dem Sozialbereich ganz oben auf der Liste des Betriebsrats. "Es ist unsere Pflicht, unsere Kolleginnen und Kollegen gegenüber eventuellen Veränderungen in der Kontraktlogistik für alle Fälle gut abzusichern. Wir werden uns aber weiterhin mit aller Kraft dafür einsetzen, dass die Kontraktlogistik ein integrierter Bestandteil des ÖBB-Konzerns bleibt", bekräftigten Winkler.

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