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ÖBB-Verkauf spielt es nicht

Eine Privatisierung brächte Gewinne für Milliardäre und Verluste für die Pendler.

Interview: Jörg Leichtfried, EU-Abgeordneter

Jörg Leichtfried, Delegationsleiter der SPÖ-Europaabgeordneten und Mitglied im Verkehrsausschuss des Europäischen Parlaments, kämpft seit dem Einzug ins EU-Parlament 2004 auf europäischer Ebene gegen eine weitere Liberalisierung im Bahnverkehr. Im Interview mit der "Solidarität" berichtet er über den permanenten Clinch mit der konservativen EU-Kommission und macht klar, was er von Stronachs ÖBB-Privatisierungsplänen hält.

 

Solidarität: Herr Delegationsleiter, in Österreich wurde von der ÖVP die Debatte losgetreten, Frank Stronach könne die ÖBB übernehmen. Ein gangbarer Weg?

Jörg Leichtfried: Diese Debatte ist ja wohl mehr als skurril. Das wird es mit der SPÖ nicht spielen. Ich halte nichts davon, dass Milliardäre wie Haselsteiner mit der Westbahn oder Stronach mit der ÖBB die Gewinne auf prestigeträchtigen Strecken einstreifen und die SteuerzahlerInnen dann für die Nebenbahnen aufkommen sollen. Gerade im ländlichen Raum brauchen wir eine gute Bahninfrastruktur für mehr Mobilität, um unsere Klimaziele zu erreichen.

 

Solidarität: Wer sind in Europa die Befürworter einer Bahnprivatisierung?

Jörg Leichtfried: Vor allem von Seiten der konservativ und liberal gefärbten EU-Kommission kommen immer wieder neue Ansätze zu einer Bahnliberalisierung. Ich erinnere nur daran, wie im Vorjahr das EU-Parlament in letzter Minute bei der Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums das Schlimmste verhindern konnte. Konkret konnte die zwangsweise Trennung von Netz und Betrieb wegverhandelt werden. Sie war zuletzt schon beinahe ausgemachte Sache, was gut funktionierenden Bahnsystemen wie Deutschland und Österreich, aber auch der Schweiz geschadet hätte. Eine Zerschlagung der Bahninfrastruktur und eine weitere Liberalisierung, wie das von konservativer Seite immer wieder gefordert wird, führen in eine Bahnkrise. Im Finanzbereich wurde bereits hinreichend der Beweis erbracht, dass der konservative liberale Ansatz der Deregulierung der falsche ist.

 

Solidarität: Die Sache ist also vom Tisch?

Jörg Leichtfried: Wie zu erwarten hat die EU-Kommission auch heuer wieder einen neuerlichen Versuch unternehmen. Von SPÖ-Seite kommt dazu allerdings ein klares Nein. Die generelle Öffnung des heimischen Eisenbahn-Personenverkehrs zu erzwingen, kommt für mich nicht infrage. Die EU-Kommission unterstützt damit nur das Gewinnstreben privater Eisenbahnanbieter, die Kundinnen und Kunden, die Beschäftigten sowie die SteuerzahlerInnen haben das Nachsehen. Welche negativen Auswirkungen die Liberalisierung im Zugverkehr für die Kunden hatte, hat man eindrucksvoll in Großbritannien sehen können. Marode Bahnstrecken, Verspätungen und die Schließung von unrentablen Nebenbahnen waren die Folge, von Verbesserungen keine Spur. Den durch die Liberalisierung verursachten Schaden hatten die Steuerzahler zu tragen. Ebenso führt ein erhöhter Konkurrenzdruck dazu, dass sich die Bedingungen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Eisenbahnbetriebe massiv verschlechtern. Da müssen wir den Druck rausnehmen.

 

Solidarität: Was muss getan werden, damit wir eine funktionierende Bahninfrastruktur erhalten?

Jörg Leichtfried: Wir zuständigen Politikerinnen und Politiker müssen wachsam sein bei allen Bestrebungen, wo sich einige wenige an der Bahn bereichern wollen. Und auch klar aufzeigen, wohin die Privatisierung des öffentlichen Verkehrs führt - siehe von Los Angeles bis London. Die Argumente haben wir dabei klar auf unserer Seite.

 

 

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