Schutz vor Gewalt am Arbeitsplatz - wichtiger denn je!
Weltweit nimmt Gewalt am Arbeitsplatz zu. Der steigende Wettbewerb, eine aggressivere Gesellschaft, die Pandemie und ihre Folgen sowie die explodierende Teuerung setzen die Menschen immer mehr unter Druck. Gewalt hat viele Gesichter. Auch die Formen und Folgen von Gewalt im Job sind unterschiedlich. Besonders betroffen sind Beschäftigte in Dienstleistungsberufen und im Verkehrssektor.
Bei der großen internationalen Tagung „Bedroht, beschimpft, geschlagen - Schutz vor Gewalt am Arbeitsplatz - wichtiger denn je!“ am 29. März setzten sich die AK Wien, die Gewerkschaften vida und GPA gemeinsam mit dem Verein für Verbrechensopferhilfe WEISSER RING und an die 200 TeilnehmerInnen mit Präventionsmaßnahmen hinsichtlich Gewalt am Arbeitsplatz auseinander.
+++ Hier findest du Fotoimpressionen der Tagung +++
Gemeinsam aktiv gegen Gewalt
Von zunehmender Gewalt im Job sind insbesondere Beschäftigte aus dem Verkehrs-, Dienstleistungs-, Gesundheits- und Tourismusbereich nachweislich betroffen, sagt Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida. Gewalt im Job darf nicht einfach hingenommen werden, sondern es muss aktiv dagegen vorgegangen werden. Viele Beschäftigte resignieren anstatt sich zu wehren.
„Nur wer aktiv wird, kann etwas verändern. Zu Mut und Zivilcourage, dazu wollen wir mit unserer Plattform Tatort Arbeitsplatz motivieren, denn Gewalt im Job darf nicht als Berufsrisiko abgetan werden.“
Roman Hebenstreit, Vorsitzender Gewerkschaft vida
Nicht nur die Bundesregierung sind bei diesem Thema gefordert, auch die Wirtschaftskammer Österreich muss im Rahmen der gemeinsamen Schutzstrategie für ArbeitnehmerInnen bis 2027 mehr tun, fordert der vida-Vorsitzende. „Gewalt gegen Kolleginnen und Kollegen beeinträchtigt nicht nur Würde und Gesundheit. Gewalt in den Betrieben hat auch dramatische Folgen für die Entwicklung der Produktivität und verursacht gravierende Kosten im Gesundheitssystem für die gesamte Gesellschaft.“
Von Prävention bis Deeskalation
Bei der großen internationalen Tagung wurde Bewusstsein für die Problematik geschaffen, Themen- und Problemfelder angesprochen, aber auch konkrete Informations- und Serviceleistungen aufgezeigt. ExpertInnen, Führungskräfte und BetriebsrätInnen sowie Betroffene kamen zu Wort. Die TeilnehmerInnen sind sich einig: Es muss endlich mehr gegen Gewalt im Job gegengesteuert werden. Vorfälle, Übergriffe müssen systematisch erfasst, Präventionsmaßnahmen und Schulungen zur Deeskalation angeboten und Opfern bei der Bewältigung ihrer teils traumatischen Erfahrungen geholfen werden. Dazu sind Politik und Arbeitgeber in die Pflicht zu nehmen.
Giftigen Nährboden entziehen
AK-Präsidentin Renate Anderl sagte bei der Tagung: „Gewalt am Arbeitsplatz nimmt leider immer mehr zu. ArbeitgeberInnen haben die Pflicht, Arbeitsbedingungen im Betrieb zu schaffen, die der Gewalt den giftigen Nährboden entziehen. Sie müssen gezielte Schutzmaßnahmen ergreifen, um das Gewaltrisiko für die ArbeitnehmerInnen zu reduzieren – und zwar bevor Gewalt entsteht. Ein weiterer, längst überfälliger Schritt ist die Ratifizierung des ILO-Übereinkommens 190 gegen Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz: Das ILO-Übereinkommen schützt alle ArbeitnehmerInnen, weist auf die große Verantwortung der AkteurInnen der Arbeitswelt bei der Bekämpfung von Gewalt und Belästigung hin und legt in diesem Rahmen die Rolle der Regierungen und der Sozialpartner eindeutig fest. Die österreichische Bundesregierung muss dieses Übereinkommen endlich ratifizieren und sich damit klar zu einer Arbeitswelt bekennen, in der Gewalt und Belästigung keinen Platz haben.“
Gewerkschaft und BetriebsrätInnen starke Partner
ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann betonte die Notwendigkeit von Betriebsvereinbarungen für die Prävention: „Für Gewalt gegen Frauen darf es null Toleranz geben, das gilt auch für das Arbeitsleben. Die Rolle der BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen ist in der Prävention besonders wichtig. Betriebsvereinbarungen sind ein zentrales Instrument, um Gewalt am Arbeitsplatz entgegenzuwirken. BetriebsrätInnen und PersonalvertreterInnen sind es aber auch, die tagtäglich für die KollegInnen da sind und verantwortungsvolles Führungsverhalten einfordern. Wir danken für ihren Einsatz und stehen als ÖGB und Gewerkschaften mit Rat und Tat zur Seite. Die ÖGB-Frauen werden sich auch weiterhin für stärkere rechtliche Verankerung von Gewaltprävention einsetzen, wie etwa für die Ratifizierung und Umsetzung des ILO-Übereinkommens gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt.“
Sicher ohne Gewalt am Arbeitsplatz
Sandra Steiner, stv. Vorsitzende der Gewerkschaft GPA, berichtete bei der Veranstaltung über die Ergebnisse einer Studie: „Die GPA hat im Zuge einer Aktionswoche unter dem Motto ‚Sicher ohne Gewalt am Arbeitsplatz‘ das Meinungsforschungsinstitut IFES mit einer Umfrage beauftragt. Die Ergebnisse stützen eindeutig die Einschätzungen und Berichte unserer KollegInnen und zeigen, dass vor allem Frauen und auch Jüngere insbesondere von verbaler Gewalt betroffen sind. Ganz zentral ist auch, dass vor allem Arbeitsdruck und Personalmangel als Konfliktverstärker wahrgenommen werden. Es fehlt vielfach an ausreichenden Maßnahmen und Vorkehrungen gegen diese Risiken und somit liegt auch auf der Hand, dass ArbeitgeberInnen ihre Verantwortung zum Schutz ihrer Beschäftigten vielfach nicht ausreichend wirksam wahrnehmen. Wir wenden uns ganz klar gegen die Auffassung, dass Übergriffe, Aggressionen, Belästigungen sozusagen als Berufsrisiko gesehen werden sollen, mit dem die betroffenen ArbeitnehmerInnen zurechtkommen müssen. Betroffene ArbeitnehmerInnen ermutigen wir, Gewalt am Arbeitsplatz in keiner Form hinzunehmen und die GPA unterstützt dabei natürlich auch umfassend.“
Betroffene informieren und unterstützen
Udo Jesionek, Präsident WEISSER RING, sprach die Vorteile von Kooperationen zur Eindämmung der Gewalt im Job an: „WEISSER RING und Gewerkschaft vida arbeiten bereits seit vielen Jahren vertrauensvoll und erfolgreich zum Thema Tatort Arbeitsplatz zusammen. Es freut mich sehr, dass wir diese Kooperation mit dem heute unterzeichneten Arbeitsübereinkommen auf eine neue Basis stellen. Wer an seinem Arbeitsplatz Opfer von situativer Gewalt wird – also von KundInnen oder KollegInnen attackiert wird – erhält beim WEISSEN RING kostenlose Unterstützung und Begleitung. Viele Betroffene wissen leider weder über ihre Rechte als Opfer noch über die Möglichkeiten, sich Hilfe und Beratung zu holen, Bescheid. Ich sehe in dieser Kooperation einen wichtigen Schritt, allen Opfern von Gewalt den gleichen Zugang zu ihren Rechten zu ermöglichen.“
Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch
Elke Hannack, stv. Vorsitzende Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), plädierte in ihrer Zuspielung über Video für einen Bewusstseinswandel im Sinne der arbeitenden Menschen: „Die Zahlen und die täglichen Erfahrungen unserer Kolleginnen und Kollegen zeigen, dass Gewalt für diejenigen, auf die sich unsere Gesellschaft tagtäglich verlässt, Alltag geworden ist. Hier muss endlich gegengesteuert werden. So müssen Vorfälle systematisch erfasst, Präventionsmaßnahmen wie Schulungen zur Deeskalation implementiert und von Gewalt Betroffenen bei der Bewältigung ihrer teils traumatischen Erfahrungen geholfen werden. Die öffentlichen Arbeitgeber und Verkehrsunternehmen stehen hier in der Pflicht. Doch auch uns als Gesellschaft geht diese Entwicklung etwas an. Auch wir müssen uns der Gewalt entgegenstellen. Mit unserer Initiative appellieren wir daher auch an die Bürgerinnen und Bürger sich stets bewusst zu machen: Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch. Mit dieser Botschaft streiten wir in der Öffentlichkeit, bei Arbeitgebenden und der Politik für einen Bewusstseinswandel und für greifbare Verbesserungen für die Menschen, die täglich für uns im Einsatz sind."
Gemeinsam stark
Wir hoffen, dass du nie mit Gewalt an deinem Arbeitsplatz konfrontiert bist! Für den Fall des Falles ist es aber sinnvoll, auf solche Situationen vorbereitet zu sein. Mit unserer Initiative „Tatort Arbeitsplatz“ bieten wir rasche Hilfe an.
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