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Gewerkschaft vida: Flexibilisierung nur mit besserer Vereinbarkeit von Beruf, Familie, Pflege

Frauenvorsitzende Vondrasek: „Politik muss aufhören, von Menschen Unmögliches zu verlangen und sie dann mit ihren Problemen allein zu lassen“.

„Wer noch mehr Flexibilität will, muss vorher für entsprechende Rahmenbedingungen sorgen“, fordert Elisabeth Vondrasek, Frauenvorsitzende in der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida. Im Rahmen der Diskussion um die Arbeitszeitflexibilisierung werde völlig auf bessere Vereinbarkeitsmöglichkeiten zwischen Arbeitszeiten und Öffnungszeiten von Kinderbildungseinrichtungen vergessen. „Aber auch für die Versorgungs- und Betreuungsarbeit von erkrankten oder pflegebedürftigen Familienangehörigen zu Hause müssen ein ausreichendes Angebot und ein verbindlicher Anspruch her. Sonst darf über eine Ausweitung von Arbeitszeiten von bis zu 12 Stunden erst gar nicht weiterdiskutieren werden“, unterstreicht Vondrasek. Denn die Pflege und Betreuung von SeniorInnen und Kindern sei nach wie vor „fast reine Frauensache“ und dürfe daher in der Arbeitszeitdiskussion nicht ausgeklammert werden, so die vida-Frauenvorsitzende.

Die Arbeitgebervertretungen seien aufgefordert, sich endlich mit der Erwerbsrealität von Eltern und anderen betreuenden und pflegenden Personen auseinanderzusetzen, so Vondrasek weiter. Abgesehen davon, dass österreichweit nur rund 18 Prozent (ohne Wien: 1,9 Prozent) der Kinderbildungseinrichtungen zwölf oder mehr Stunden geöffnet haben, arbeiten vor allem Mütter bereits jetzt wegen der Kinderbetreuung Teilzeit. Ein 12-Stunden-Arbeitstag würde deren Situation noch zusätzlich verschärfen. Deshalb gehöre auch die Wirtschaft bezüglich eines Ausbaus der Betriebskindergärten in die Pflicht genommen, fordert die vida-Gewerkschafterin.

„Müssen Eltern oder andere betreuende ArbeitnehmerInnen eine längere Anfahrtstrecke zum Arbeitsplatz in Kauf nehmen, ist schon jetzt die Betreuung ohne familiäre Hilfe wie beispielsweise durch die Großeltern problematisch. Bei einem 12-Stunden-Arbeitstag wäre das überhaupt nicht mehr zu bewältigen. Zudem haben wir unterschiedlichste Familienmodelle in Österreich und nicht alle haben zur Unterstützung Großeltern oder andere Verwandte zur Verfügung“, betont die Vorsitzende der vida-Frauen.

Auch angesichts der aktuell geltenden Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitssuchende dürften die Öffnungszeiten von Kinderbildungseinrichtungen und die Lage des Arbeitsplatzes vom Wohnort sowie die Dauer der Arbeitszeit nicht ignoriert werden, sagt Vondrasek. „Die Menschen müssen Möglichkeiten erhalten, damit ihr Leben organisier- und bewältigbar bleibt. Die Politik muss damit aufhören, von den Menschen Unmögliches zu verlangen und sie dann mit ihren Problemen allein zu lassen. Auch konservativen Kräften würde es besser zu Gesicht stehen, wenn sie diesbezüglich endlich im dritten Jahrtausend ankommen würden“, bekräftigt die vida-Frauenvorsitzende.