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Gewerkschaft fordert Bestbieterprinzip im Busbereich gegen Lohndrückerei

vida-Delfs: Brauchen raschen Parlamentsentscheid, damit Busbranche nicht vollständig in Billiglohnsektor abdriftet und Altersarbeitslosigkeit weiter ansteigt.

Die Gewerkschaft vida warnt vor zunehmenden Problemen mit Lohn- und Sozialdumping bei privaten Busunternehmen. „Die Lohndrückerei durch das Billigstbieterverfahren bei der Ausschreibung von Buslinien muss beendet werden. Da die Verkehrsverbünde in der Regel Bruttoverträge mit den Busunternehmen abschließen und diese pro gefahrenem Kilometer bezahlen, haben die Betreiber von Linien derzeit aber nur die Möglichkeit, bei Gehältern und Sozialleistungen für die Beschäftigten zu sparen, um konkurrenzfähig zu bleiben“, fordert der Bundessekretär des Fachbereichs Straße in der Gewerkschaft vida, Karl Delfs, anstelle des vorherrschenden Billigstbieterprinzips die Verankerung der verpflichtenden Anwendung des Bestbieterprinzips bei der Ausschreibung von Busleistungen in der anstehenden Novelle zum Bundesvergabegesetz.

„Anders werden diese Fehlentwicklung in der Busbranche kaum gestoppt werden können“, fordert Delfs die verbindliche Berücksichtigung des vom Verkehrsministerium veröffentlichten Leitfadens zu Qualitäts- und Sozialstandards sowie, im Falle eines Betreiberwechsels, die Übernahme der am betroffenen Streckenlos fahrenden BusfahrerInnen zu den bisherigen Konditionen. Eine derartige Verpflichtung zur Personalübernahme sei auch durch die einschlägige EU-Verordnung gedeckt. „Andere EU-Länder machen davon längst Gebrauch. Das würde nicht nur betroffenen BusfahrerInnen große Vorteile bringen, sondern auch der ausschreibenden Stelle und den neuen Betreibern zugutekommen, weil diese sofort qualifiziertes Personal zur Verfügung hätten“, erläutert der vida-Verkehrsgewerkschafter.

Die derzeitige Situation führe jedenfalls zum Teil zu „absolut nicht wünschenswerten Zuständen auch für die Fahrgäste“, so Delfs weiter. Es sei schon vorgekommen, dass BusfahrerInnen die Strecke nicht gekannt oder die Routen nicht eingehalten hätten: Einmal habe man eine Haltestelle angefahren, am Tag darauf nicht mehr. Auch eine Busflotte mit illegalen Kennzeichen und ohne Fahrscheinentwerter sei bereits aufgetaucht, kritisiert der Gewerkschafter.

Die größte Sorge bereitet Delfs jedoch die soziale Situation der BusfahrerInnen. Sie müssten nach jeder neuen Auftragsvergabe – in der Regel alle acht Jahre – jedes Mal von neuem beim Grundlohn anfangen bzw. Versetzungen weitab ihrer Heimatgemeinde in Kauf nehmen. „Zudem ist es äußerst fragwürdig, dass bei Ausschreibungen zwar technische Vorgaben wie das Alter oder die Farbe der Busse gemacht werden, aber keine Qualitäts- und Sozialkriterien im Sinne der Beschäftigten, Fahrgäste und seriösen Arbeitgeber vorgegeben werden“, hinterfragt der vida-Gewerkschafter.

Mit jeder weiteren Ausschreibung ohne entsprechende Bestbieterkriterien werde die Busbranche weiter in Richtung Billiglohnsektor getrieben, mit enormen Lohn- und Sozialdumping-Auswirkungen auf die Beschäftigten sowie Verschlechterungen bei Servicequalität und Sicherheit für die Fahrgäste. Bei der Preisbildung im Busbereich liege der Personalkostenanteil bei 60 Prozent. „Man kann sich da sehr gut vorstellen, auf wessen Rücken hier Preiskämpfe ausgetragen werden. Der Wettbewerb findet ausschließlich über die Personalkosten statt“, so Delfs.

Das Billigstbieterprinzip könnte über kurz oder lang auch dem Qualitätsanbieter Postbus mit seinen gut ausgebildeten und erfahrenen älteren BuslenkerInnen auf den Kopf fallen, warnt der vida-Verkehrsgewerkschafter. „Ältere und erfahrene ArbeitnehmerInnen sind natürlich teurer als junge und schlechter ausgebildete bzw. unerfahrenere LenkerInnen. Aber gerade in Zeiten zunehmender Altersarbeitslosigkeit und steigendem Pensionsantrittsalters dürfen Qualifikation und Alter von Beschäftigten aber auch Ausbildungsmaßnahmen für Unternehmen keinen Wettbewerbsnachteil darstellen. Wir brauch deshalb eine rasche Entscheidung des Parlaments pro Bestbieterprinzip bei Ausschreibungen im Verkehrsbereich, damit die Busbranche nicht vollständig in den Billiglohnsektor abdriftet und die Zahl der gut qualifizierten Arbeitslosen über 50 Jahre nicht weiter ansteigt“, bekräftigt Delfs.