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vida-Kritik an AMS-Einsparungen: FPÖ-Kniefall zulasten der Arbeitnehmerinnen.

vida-Gewerkschafter Tusch: Ausweitung der Mangelberufsliste verschärft Situation für Arbeitslose weiter – Bedingungen im Tourismus verbessern

„Die Regierung nimmt den Armen und gibt den Habenden“, kritisiert Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus in der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida, im Zusammenhang mit den gestern bekannt gewordenen Einsparungen für ein von der Regierung für 2019 angepeiltes Nulldefizit.
Auch das Förderbudget des Arbeitsmarktservice (AMS) soll dafür heuer um 30 Prozent (rund 600 Millionen Euro) gekürzt werden. „Von der ÖVP ist man so etwas ja gewohnt. Aber bitter muss die Enttäuschung jetzt für viele FPÖ-WählerInnen sein, denen sprichwörtlich das Blaue vom Himmel versprochen wurde, wie etwa, dass der österreichische Arbeitsmarkt nicht weiter geöffnet werden darf. Jetzt an der Leine der ÖVP, wird die Liste der an ArbeitnehmerInnen gerichteten gebrochenen Wahlversprechen immer länger. Es ist nicht zu übersehen, wie die FPÖ in der Regierung einen Kniefall nach dem anderen vor den Wirtschaftslobbyisten zulasten der ArbeitnehmerInnen hinlegt“, so Tusch. 

„Geplante Einsparungen auf Kosten von Langzeitarbeitslosen, älteren ArbeitnehmerInnen, Lehrlingen und vielen anderen Menschen, die Qualifizierungs- und Ausbildungsmaßnahmen benötigen, werden auch garantiert nicht den von der Wirtschaft allzeit beklagten Fachkräftemangel beheben“, stellt Tusch weiter fest. Die von der Wirtschaft und Regierung angepeilte Ausweitung der Mangelberufsliste werde es für heimische Arbeitslose noch zusätzlich erschweren, wieder eine Stelle zu finden. „Mit einer Ausweitung können Arbeitgeber mehr Beschäftigte aus Nicht-EU-Ländern rekrutieren, obwohl es beispielsweise im heimischen Tourismus ohnehin sehr viele arbeitslose KöchInnen gibt. Zudem steht den Tourismusbetrieben ohnehin schon die gesamte europäische Volkswirtschaft mit 500 Millionen Menschen, davon 18 Millionen Arbeitslose, in der sie Personal gänzliche ohne Bürokratie rekrutieren können, zur Verfügung“, gibt der vida-Gewerkschafter zu bedenken. 

„Die Einsparungen bei den Arbeitsmarktmitteln und eine erweiterte Mangelberufsliste würden die Situation für Beschäftigten im Tourismus somit noch einmal verschärfen. Lohn- und Sozialdumping droht und es wird damit keinem einzigen heimischen Arbeitslosen in der Branche geholfen werden“, bringt es Tusch auf den Punkt.  

Laut Fachkräfte-Verordnung sei von einem Mangelberuf zu sprechen, wenn einer offenen Stelle weniger als 1,5 Arbeitsuchende gegenüberstehen. „Zum Wintersaisonbeginn 2017 kamen im österreichischen Tourismus beinahe sechs Arbeitssuchende auf eine offene Stelle. Selbst in den typischen Tourismusbundesländern kamen zumindest drei Arbeitssuchende auf einen offenen Arbeitsplatz. Auch für gelernte Berufe wie beispielsweise KöchInnen waren Ende September für fast 7.500 vorgemerkte Arbeitssuchende 2.144 offene Stellen gemeldet“, rechnet Tusch vor.
 
Bevor zusätzliche Berufe auf die Mangelberufsliste genommen werden, müssten deshalb die unattraktiven Arbeitsbedingungen im Tourismus verbessert werden, fordert der vida-Gewerkschafter. „Dass das möglich ist, zeigen Initiativen des AMS, bei denen Tourismusbetriebe davon überzeugt werden konnten, ihre Angebote zu verbessern. Daraufhin waren sie auch erfolgreich bei der Personalsuche. Die Arbeitsbedingungen sind entscheidend“, betont Tusch. Dies zeigten auch Untersuchungen aus Deutschland: Fachkräfte stellen ihre Arbeitskraft zur Verfügung, wenn die Arbeitsbedingungen und das Lohnniveau passen.

„Das beste Rezept, um Fachkräftemangel vorzubeugen, ist Ausbildung und Qualifizierung. Hier ist die Wirtschaft aber sehr zurückhaltend: 2010 gab es noch 129.899 Lehrlinge, Ende 2017 waren es nur noch 106.000“, so der Gewerkschafter. „Bedauerlicherweise hat sich in Österreich die Zahl der Ausbildungsbetriebe in zehn Jahren - von 2006 bis 2016 - um ein Viertel oder um fast 10.000 verringert“, fordert Tusch ein Umdenken. „Zuerst müssen die Menschen in Österreich qualifiziert und in Beschäftigung gebracht werden, bevor auf weitere Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Ländern zurückgegriffen wird. Auch müssen integrierte Flüchtlinge, die eine Lehre machen, zuerst weiterqualifiziert werden. „Es macht überhaupt keinen Sinn, hunderttausenden Arbeitslosen, die man qualifizieren kann, die Mittel zu kürzen, und gleichzeitig nach weiteren ausländischen Arbeitskräften aus EU-Drittstaaten zu rufen“, bekräftigt Tusch.