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Reinigungsbranche: Nicht alles ganz sauber?

Zur aktuellen Situation der Beschäftigten in der Reinigungsbranche.

Reinigungskräfte: Die unsichtbaren Held:innen

Wir alle haben es gerne sauber. Aber wie geht es den Menschen, die oft unsichtbar hinter uns herräumen und reinigen? Leider nicht annähernd so gut, wie sie es verdienen würden. Warum das so ist, war zentrales Thema bei einer Pressekonferenz von AK und vida am 19. Oktober 2023 in Wien. 

Zu wenig Wertschätzung

Obwohl Reinigungskräfte, die meist Migrant:innen sind, unverzichtbare Arbeit leisten, erfahren die Beschäftigten zu wenig Wertschätzung und Respekt. Auch die Arbeitsbedingungen sind extrem belastend und arbeitsrechtliche Verstöße keine Seltenheit. In der Regel werden Reinigungsdienste an Reinigungsfirmen ausgelagert – der Preisdruck in der Branche ist enorm und das führt wiederum zu sehr hohem Arbeitsdruck für die Beschäftigten.

Ausbeutung als Geschäftsmodell

Ursula Woditschka, Fachbereichssekretärin Gebäudemanagement der Gewerkschaft vida erklärte bei der Pressekonferenz: „Wir haben in der gewerkschaftlichen Arbeit schon den Eindruck, dass der Druck in der Branche, möglichst billig anbieten zu können, dazu führt, dass Ausbeutung zum Geschäftsmodell wird.“ Die Kalkulationen einiger Reinigungsfirmen legen nahe, dass sich faire Entlohnung für die Kolleg:innen gar nicht ausgehen kann. Die Reinigungsfirmen bieten Dumping-Tarife für eine bestimmte Anzahl an Quadratmetern oder Zimmern an und die Beschäftigten müssen das ausbaden.

Ursula Woditschka | Fachbereichssekretärin Gebäudemanagement, vida

„Arbeitszeitregelungen werden oft umgangen und die Arbeitsbelastung ist enorm.“

Ursula Woditschka, vida-Fachbereichssekretärin Gebäudemanagement

Bianca Schrittwieser, Leiterin der Abteilung Arbeitsrecht der AK Wien, ergänzt: „Das Reinigungsgewerbe findet sich seit vielen Jahren unter den Top 10 bei den persönlichen Beratungen in der AK Wien. Die Arbeitnehmer:innen berichten immer wieder von schlechten Arbeitsbedingungen. Die häufigsten Probleme sind, dass Mehr- oder Überstunden samt Zuschlägen gar nicht oder nicht korrekt bezahlt werden und Löhne nicht in der richtigen Höhe abgerechnet werden.

Bianka Schrittwieser | Leiterin der Abteilung Arbeitsrecht, AK Wien

„In dieser Branche geht es nicht immer ganz sauber zu.“

Bianca Schrittwieser, Arbeitsrechtsexpertin, AK Wien

Im Zeitraum von März 2023 bis Juni 2023 hat die AK Wien bei persönlichen Beratungen von Betroffenen aus der Reinigung die Branche näher unter die Lupe genommen und erhoben, welche konkreten Anliegen und Missstände vorliegen. Die Erhebung ist nicht repräsentativ, gibt aber wichtige Einblicke in die Arbeits- und Lebensrealität der Reinigungskräfte.

Wir fordern:

  • Zusätzliche Erholungsmöglichkeiten
    Recht auf mehr planbare Erholung, etwa durch die leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche. Außerdem sollen Dienstpläne auch eingehalten und nicht ständig kurzfristig geändert werden!  
  • Wertschätzung und höhere Löhne
    Bereits 2021 wurde vereinbart, dass das Lohnschema an die heutigen Aufträge bzw. Herausforderungen und an das Fachwissen und die Ausbildung der Mitarbeiter:innen angepasst werden soll. Diese Forderung wird die Gewerkschaft vida in die Kollektivvertragsverhandlungen einbringen. Weiterhin aufrecht ist auch die Forderung nach einem Mindestlohn von 2.000 Euro.
  • Moderne Arbeitszeiten – gesunde Vollzeit
    Der Wunsch nach Arbeitszeitverkürzung ist auch unter den Vollzeitbeschäftigten der Reinigungsbranche sehr ausgeprägt. Die Kolleg:innen in Teilzeit hingegen, äußern oft den Wunsch nach mehr Stunden. Studien bestätigen, dass das Stundenausmaß einer gesunden Vollzeit zwischen 30 und 35 Wochenstunden liegt. Gleichzeitig müssen die 2018 beschlossenen Regelungen zum 12-Stunden-Tag zurückgenommen werden.
  • Tagesarbeitszeiten statt zerrissene Dienste
    Dreh- und Angelpunkt für die Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Lebensqualität von Beschäftigten in der Reinigungsbranche sind reguläre Tagesarbeitszeiten statt geteilter Dienste in der Früh oder am Abend. 
  • Kündigungsschutz im Krankenstand 
    Kündigung im Krankenstand soll als verbotenes Motiv angefochten werden können.
  • Mehrarbeitszuschlag
    Der Mehrarbeitszuschlag im Arbeitszeitgesetz soll auf 50 Prozent erhöht und ab der ersten Stunde gezahlt werden (Entfall des zuschlagsfreien dreimonatigen Zeitraums). 
  • Sanktion bei Nichtausstellung eines Dienstzettels
    Der Dienstzettel ist eine wichtige Informationsquelle für Arbeitnehmer:innen. Nach jetziger Rechtslage hat es aber keine Konsequenzen, wenn der Dienstzettel nicht ausgestellt wird. In Zukunft soll es daher wirksame Sanktionen geben, wenn kein Dienstzettel ausgestellt wird. Das fordert auch eine in Österreich noch nicht umgesetzte EU-Richtlinie. 
  • Lohn- und Sozialdumping bekämpfen
    2021 wurden das Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz aufgeweicht und die Strafen reduziert. Lohn- und Sozialdumping ist damit für Arbeitgeber leichter und billiger geworden. Die AK fordert, dass die gesetzlichen Regelungen wieder verschärft werden.
  • Anmeldung bei der Sozialversicherung
    Bis 2019 musste bei der Anmeldung zur Sozialversicherung bzw. bei einer Änderung des Arbeitszeitausmaßes nicht nur das Gehalt, sondern auch das vereinbarte wöchentliche Stundenausmaß gemeldet werden. Aus Sicht der AK sollte diese Regelung wieder verpflichtend sein.
  • Kein Verfall von Ansprüchen während des laufenden Arbeitsverhältnisses
    Die Möglichkeit, Verfallsfristen zu vereinbaren, bewirkt, dass Überstunden oft nicht mehr geltend gemacht werden können. Während des laufenden Arbeitsverhältnisses können Arbeitnehmer:innen ihre Überstunden praktisch nicht einklagen, da sie zu sehr unter Druck stehen.

Details zu den Studienergebnissen sowie Fallbeispiele in der Medienunterlage im Downloadbereich.


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