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Mehr Applaus? Nein Danke! Mehr Personal, ja bitte!

Systemerhalterin am Wort: Krankenpflegerin Katharina Stöllner.

Nein, ich will keine Ärztin werden. Ich möchte in der Krankenpflege arbeiten. Das wusste ich bereits mit elf Jahren. Und nach der Matura habe ich mein Berufsziel konsequent verfolgt und es bis heute nicht bereut. Ich liebe meinen Beruf, denn ich arbeite gerne mit Menschen. Es wird auch nie langweilig. Nicht nur, weil ich Tag für Tag auf ganz viele verschiedene Menschen treffe, auch die Arbeit an sich ist sehr abwechslungsreich.

Von der Visite bis in den OP
Mein Dienst beginnt um 6:45 Uhr. Nach der Dienstübergabe geht’s gleich zur ersten Visite. Der Vormittag ist der Körperpflege und den Therapien gewidmet. Ich mache Blutabnahmen und Verbandswechsel, gebe Infusionen, bereite Entlassungen vor. Dann kommt die Hauptvisite. Ich bereite PatientInnen für den OP vor. Kümmere mich um PatientInnen, die Schmerzen haben, unterstütze sie beim Aufstehen. Akute Sachen können natürlich jederzeit passieren. Und so geht ein 12,5-Stunden-Dienst eigentlich sehr rasch vorbei.

Lockdown in Vorbereitung

Wenn ich daran zurückdenke, wie vor etwa einem Jahr die Corona-Pandemie uns alle außer Atem gebracht hat, habe ich vor allem die Bilder aus Italien im Kopf. Wir wussten damals alle nicht, was da auf uns zukommt. Kurz vor dem ersten Lockdown haben wir versucht, das Krankenhaus so gut es geht zu leeren, also PatientInnen zu verlegen oder zu entlassen, die nicht dringend notwendig stationär behandelt werden mussten. Gleichzeitig wurde die Intensivstation vorbereitet. Wir haben Beatmungsgeräte herangeschafft, einfach um für den Fall der Fälle bereit zu sein. Ich bin auch im Betriebsrat tätig. Damals haben uns viele unserer KollegInnen gefragt, wie es mit den Dienstplänen weitergeht, wie viele Stunden gearbeitet werden wird. Die Unsicherheit war auf allen Seiten groß. Aber wir haben zusammengehalten und jede Situation gemeistert.

Alltag auf Corona-Station

Mittlerweile ist Routine eingekehrt und ich bin auf unserer COVID-Station im Einsatz. Die PatientInnen sind sehr müde, sehr schwach, haben Fieber. Die meisten hängen permanent am Stauerstoff. Es steht alles griffbereit, damit man nicht zu weit gehen muss, weil das ständige An- und Ausziehen der Schutzkleidung und das Desinfizieren ein unglaublicher Aufwand sind. Seit Beginn der Corona-Pandemie arbeiten wir natürlich auf allen Stationen mit FFP2-Maske. Wenn wir ungeplante Aufnahmen bekommen, machen wir im Isolationszimmer einen Abstrich und sind dabei komplett in Schutzausrüstung, also zusätzlich noch mit Haube, Brille, blauem Übermantel und doppelt Handschuhe.

Zeit für Zwischenmenschliches

Jeder Mensch geht anders mit der Pandemie um. Es gibt PatientInnen, die verunsichert sind. Hier versuchen wir, ihnen in persönlichen Gesprächen ein Gefühl der Sicherheit zu geben. Aber auch ohne Corona ist das Zwischenmenschliche ein sehr wichtiger Teil unserer Arbeit. Ich kann mich an einen Patienten erinnern, der eine sehr schwierige Diagnose erfahren hat. Er hat sich immer mehr zurückgezogen und kaum noch Kontakt zu anderen. An seinem Geburtstag hatte ich Dienst und habe ihm eine Blume mitgebracht. Sein Lächeln im Gesicht sehe ich heute noch vor mir, das Bild werde ich nicht so schnell vergessen.

Wir müssen mehr werden – mit echter Wertschätzung
Wenn ich mir etwas für meine Arbeit bzw. für meine ganze Berufsgruppe wünsche, dann, dass wir endlich mehr werden. Wir brauchen einen fixen Personalschlüssel, der auf die Bedürfnisse der PatientInnen und der KollegInnen ausgerichtet ist. Wir wollen die nötige Zeit haben, um den Menschen ganzheitlich zu betreuen. Und noch etwas: Vor einem Jahr wurden wir zwar beklatscht, aber unsere Arbeit ist mehr wert als Applaus! Denn nicht jeder kann oder will diesen Beruf machen! Uns braucht jeder irgendwann einmal in seinem Leben. Das sollte auch entsprechend wertgeschätzt werden!

Katharina Stöllner, 40 Jahre, Krankenpflegerin auf einer COVID-Station, Göttlicher Heiland Krankenhaus Wien

 

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