vida-Rechtsreferat
Schwangere Kolleginnen, die aufgrund von Beschäftigungsverboten in der Schwangerschaft ihren Beruf nicht mehr ausüben dürfen, müssen zukünftig keine finanziellen Einbußen mehr hinnehmen. Ab der Meldung einer Schwangerschaft bis zum Beginn des Mutterschutzes wurden bisher durchschnittliche Überstunden sowie Sonn- und Feiertagszulagen nicht mehr weitergezahlt. Das haben wir beim KV-Abschluss 2020 repariert.
Im konkreten Fall haben wir eine Kollegin unterstützt, welche als Triebfahrzeugführerin in der ÖBB-Produktion GmbH tätig war. Ab der Meldung ihrer Schwangerschaft wurde sie, rechtlich vollkommen korrekt, in den Innendienst versetzt. In den folgenden Monaten musste die Kollegin feststellen, dass ihr lediglich das Grundgehalt ausgezahlt wurde aber keinerlei Zulagen oder Zuschläge miteingerechnet wurden.
Durch die Intervention der Rechtsabteilung der Gewerkschaft vida konnte erreicht werden, dass der Kollegin die ausstehenden Entgeltbestandteile, welche ihr gesetzlich zustehen, aber auch das Entgelt für Überstunden sowie das Sonn- und Feiertagsentgelt, welche ihr aus dem Kollektivvertrag für Arbeitnehmer/innen der österreichischen Eisenbahnunternehmen zustehen, ausbezahlt wurden.
Im Zuge unserer Intervention und den Gesprächen mit dem Unternehmen stellte sich heraus, dass dies kein Einzelfall war. Bereits weitere 20 Kolleginnen wurden im Zuge der Nachforschungen ausfindig gemacht, die auch aufgrund einer Tätigkeitsänderung wegen einer vorliegenden Schwangerschaft Gehaltseinbußen hatten. Diese Kolleginnen bekommen die fehlenden Zahlungen so bald als möglich von den ÖBB ausbezahlt.
Sollten euch Ungereimtheiten auf euren Gehaltszetteln auffallen, nehmt Kontakt mit uns im Fachbereich Eisenbahn auf – es kann sich lohnen!
Rechtliche Betrachtung:
Kolleginnen im ausführenden Betriebsdienst, die z.B. als Lokführerinnen, Zugbegleiterinnen oder Verschieberinnen tätig sind, dürfen ab dem Zeitpunkt der Meldung ihrer Schwangerschaft nicht mehr in dieser Tätigkeit eingesetzt werden. §4 MSchG (Mutterschutzgesetz) besagt nämlich, dass werdende Mütter keinesfalls schwere körperliche Arbeiten oder Arbeiten, welche die Gesundheit des ungeborenen Kindes gefährden, ausführen dürfen. Hierunter fällt gem. §4 Abs 2 Z7 MSchG auch ausdrücklich die Arbeit auf Beförderungsmitteln. Da hier ein sogenanntes „Beschäftigungsverbot“ vorliegt, hat der Arbeitgeber in solchen Fällen entweder einen geeigneten Ersatzarbeitsplatz bereitzustellen oder er muss die Arbeitnehmerin für die Dauer dieses Beschäftigungsverbots (bis zum Beginn des Mutterschutzes) freistellen.
Unabhängig davon, ob ein Ersatzarbeitsplatz gefunden wird oder die Arbeitnehmerin freigestellt wird, würde diese Situation für schwangere Kolleginnen zu enormen Gehaltseinbußen führen. Genau deshalb hat der Gesetzgeber im MSchG vorsorglich Regelungen getroffen, die den Arbeitnehmerinnen weiterhin ihr bisher erhaltenes Grundgehalt, sowie einen Teil der Zulagen und Zuschläge garantieren.
§ 14 MSchG besagt, dass Arbeitnehmerinnen jenes Entgelt weiter erhalten, das sie bisher auch ohne Beschäftigungsverbot hatten. Hier wird ein 13-Wochen-Schnitt für die Berechnung herangezogen, damit vor allem auch schwankende Gehaltsbestandteile berücksichtigt werden können. Diese Entgeltfortzahlung bezieht sich nämlich nicht nur auf das zustehende (Grund-)Gehalt, sondern schließt auch alle Zulagen und Zuschläge mit ein - mit Ausnahme von Entgelt für Überstunden sowie Sonn- und Feiertagsentgelt.
Für Kolleginnen im Betriebsdienst wurde hier mit dem Kollektivvertragsabschluss 2020 eine noch bessere Regelung geschaffen. Seit 1.8.2020 kommt der neue §33b des Kollektivvertrags für Arbeitnehmer/innen der österreichischen Eisenbahnunternehmen (Entgelt bei Änderung der Beschäftigung wegen Schwangerschaft) zur Anwendung. Für den Zeitraum ab 1.8.2020 haben Kolleginnen in dieser Situation somit auch den Anspruch auf die zuvor durchschnittlich geleisteten Überstunden sowie das durchschnittliche Sonn- und Feiertagsentgelt. Für die Berechnung des Durchschnitts sind hier selbstverständlich auch die 13 Wochen vor der Änderung der Beschäftigung heranzuziehen.