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„Wir sind die Kraft hinter der Bahn“

vida-Reportage im ÖBB-Kraftwerk: Wie aus Wasser Zugkraft wird.

Noch vor Ausbruch der Corona-Pandemie hat das vida-Magazin Beschäftigte der ÖBB Infrastruktur AG bei ihrer Arbeit im Kraftwerk begleitet.

Ob bei drei Metern Schnee oder bei 40 Grad Hitze – sie sorgen dafür, dass die Züge in Österreich mit ausreichender und klimafreundlicher Energie versorgt sind. Das Team der Kraftwerksgruppe im Salzburger Stubachtal produziert Bahnstrom aus Wasserkraft und das seit vielen Jahrzehnten. Wolfgang Steinberger ist seit Anfang der 90er-Jahre dabei. Als Betriebsingenieur kennt er die Anlagen wie seine Westentasche.

Alles fließt

Die ÖBB-Infrastruktur AG bietet auf ihrem österreichweiten Schienennetz 100 Prozent grünen Strom an. Eine wichtige Rolle spielen dabei die acht eigenen Bahnstromwasserkraftwerke, vier davon betreibt die ÖBB im Salzburger Stubachtal. Zusammen erzeugt die Kraftwerksgruppe knapp 20 Prozent der benötigten Energie für en Antrieb von Güter- und Personenzügen. „Das heißt, fast jeder fünfte Zug fährt mit Bahnstrom aus dem Stubachtal“, so Wolfgang zu Recht mit Stolz.

Wie funktioniert’s?

Ein Wasserkraftwerk nutzt die Schwerkraft und gewinnt daraus Energie. In Speicherseen wird das Wasser gesammelt, um dann mit geballter Kraft eine Reihe von Großturbinen zu betreiben. Generatoren wandeln das in elektrische Energie um. Dabei ist der Strom auf Abruf verfügbar und schnell dosierbar. „Wenn viele Züge fahren und die Speicherseen voll sind, werden die Kraftwerke im Stubachtal besonders gefordert. Nicht zu unterschätzen ist auch der Wartungsaufwand, damit diese Großkraftwerksgruppe reibungslos funktioniert“, erklärt Wolfgang. Und wie kommt die grüne Energie in den Zug? Über 60 Unterwerke in ganz Österreich speisen den Strom in das über 2.000 Kilometer lange Bahnstromleitungsnetz, das alle Züge mit Energie versorgt.

Hoch hinaus

Bereits in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurden die beiden Speicherseen Tauernmoos und Weißsee im Stubachtal errichtet. Eine Werkseilbahn stellt den Zugang zu den im hochalpinen Gelände gelegenen Bauwerken sicher. Dass die Seilbahn reibungslos fährt und die Maschinen im Kraftwerk „rund“ laufen, dafür sorgt Bernd Buchholzer mit seinem Instandhaltungsteam. Gemeinsam legen sie bei jedem Wind und Wetter viele Höhenkilometer zurück. Im Winter gehören Ski und Schneeschuhe zur Standardausrüstung. Oben am Tauernmoossee angekommen, stapft das Team durch hohen Schnee, steigt in der Staumauer viele Treppen hinauf und hinunter und hantiert mit schweren Werkzeugen an großen Geräten.

An den Hebeln

Die österreichweite Versorgung der Züge mit Bahnstrom wird in der zentralen Leitstelle in Innsbruck gesteuert. Aber auch im Stubachtal gibt es eine Warte, die rund um die Uhr besetzt ist. Heute sitzt Wolfgang Obertanner hinter den Monitoren. Mit Mausklick steuert der Schaltmeister die Anlagen. Aktuelle Meldungen und Befehle laufen auf dem Bildschirm ein und aus. Wolfgang arbeitet gerne Schicht. Denn die Dienstpläne sind so gestaltet und mit dem Betriebsrat abgestimmt, dass sie auf die Wünsche der Beschäftigten eingehen. „Damit habe ich geblockt mehr Zeit für meine Familie und private Projekte wie den Umzug, den ich gerade steuere“, so Wolfgang mit einem Lächeln.

Volle BR-Power

Johann Winkler liebt die abwechslungsreiche Arbeit im Kraftwerk. Abwechslungsreich sind auch die Anliegen und Wünsche, die das Team an den Betriebsrat Helmut Hinterseer stellt. „Die jungen Kollegen wie Johann haben Fragen zum Papamonat oder zur Bildungskarenz, die älteren zu Schwerarbeiterregelung und Pension.“ Und auch hier konnte der Betriebsrat einen Erfolg einfahren. „Wir haben die Schwerarbeiterregelung für handwerkliche Berufe im Kraftwerk durchgebracht. Die Beschäftigten können damit früher in den wohlverdienten Ruhestand gehen und bekommen mehr Pension“, freut sich Helmut.

Gemeinsam stark

Immer in Erinnerung bleiben wird dem Betriebsrat der Einsatz gegen den von der schwarz-blauen Regierung im Jahr 2003 geplanten Verkaufs des ÖBB-Kraftwerks. „Wir sind zusammengestanden und haben gemeinsam im Dorf und in den umliegenden Gemeinden mobilisiert – mit Erfolg“, blickt Helmut zurück. „Mit über 4.000 Unterschriften sind wir nach Wien gefahren und haben dem damaligen NR-Präsident Heinz Fischer unser Paket übergeben. Das Kraftwerk ist in ÖBB-Besitz geblieben. Nach unserem Einsatz haben nicht nur alle im Pinzgau, sondern darüber hinaus gewusst, dass es unser Kraftwerk gibt und was wir gemeinsam für unser Land und unsere Umwelt leisten.“

ZAHLEN UND FAKTEN

  • 8 Bahnstromwasserkraftwerke in Österreich, 4 davon im Stubachtal mit 5 Speicherseen
  • 2.135 km Bahnstromleitung
  • 62 Unterwerke, 2 fahrbare Unterwerke
  • 1 zentrale Leitstelle
  • 2.000 GWh Bahnstrombedarf, davon rund 400 GWh Bahnstromerzeugung im Stubachtal
  • Ab 2025: Pumpspeicherkraftwerk Tauernmoos

 

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