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Tourismus: Zusätzliches „Westbalkan-Kontingent“ keine nachhaltige Lösung für Personalmangel

Gewerkschaft vida fordert bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und sichere Arbeitsverhältnisse anstatt billiger Arbeitskräfte aus Drittstaaten

Der heutigen Forderung von Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) nach einem weiteren Westbalkan-Kontingent an Saisoniers für die Tourismus-Branche steht Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft vida, skeptisch gegenüber: „Damit wird der Personalmangel in der Branche nicht nachhaltig gelöst. Wir brauchen stattdessen bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und sichere Arbeitsverhältnisse im Tourismus. Es müssen auch zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um mehr Arbeitsuchende für einen Beruf im Tourismus zu begeistern“, sagt Tusch.

Die Arbeitgeber müssten stärker in die Pflicht genommen werden, wenn es um bessere Arbeitsbedingungen geht: "Billige Arbeitskräfte aus dem Ausland, die dann in Österreich mit Niedriglöhnen, langen Arbeitszeiten und unbezahlten Überstunden ausgebeutet werden, werden die Personalnot nicht lösen. Nur faire Arbeitsbedingungen ermöglichen es, qualifiziertes Personal im Inland zu gewinnen und zu halten. Dazu zählt auch die Arbeitsplatzsicherheit, die bei Saisonarbeitsverträgen nicht gegeben ist. Bereits jetzt stecken viele Beschäftigte im Tourismussektor in unsicheren Arbeitsverhältnissen, haben befristete Verträge oder arbeiten in prekären Beschäftigungsverhältnissen“, so Tusch weiter.

Auch die Ergebnisse einer aktuellen FORBA-Studie über die Arbeitsbedingungen im Tourismus bringen erneut niederschmetternde Ergebnisse zu Tage: Das Einkommen liege im Branchenvergleich an letzter Stelle. Es gebe häufig schlechtes Arbeitsklima. Überstunden würden nicht oder nicht vollständig abgegolten. Die Anmeldung bei der Sozialversicherung erfolge falsch oder gar nicht, es gebe unregelmäßige Arbeitszeiten am Abend, in der Nacht oder am Wochenende. „Die Dienstpläne werden zu kurzfristig erstellt, die Freizeit ist nicht planbar, um nur die von den Beschäftigten am häufigsten genannten Missstände zu nennen. Wie wollen die Betriebe so motivierte und gut ausgebildete junge Menschen anlocken?“, kritisiert Tusch.

Ein Mittel gegen den Arbeitskräftemangel im Tourismus wäre laut Gewerkschaft vida auch ein gerechter Anteil für die Beschäftigten an den Erfolgen, die der Sektor erzielt. Im Jahr 2023 erreichten heimische Betriebe mit 151 Millionen Nächtigungen einen Anstieg von 10,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit waren die Umsätze in der Tourismusbranche wieder fast auf Vor-Corona-Niveau. Angesichts solcher Zahlen fühlen sich die Beschäftigten zurecht im Stich gelassen, wie Tusch argumentiert: „Die aktuellen Tourismus-Zahlen sind beeindruckend, doch die Profite landen wieder nicht bei denen, die sie erwirtschaften. Die Tourismusbeschäftigten wurden im Aufschwung vergessen.“

Abschließend appelliert Tusch an die Unternehmer:innen im Tourismussektor: „Die Arbeitgeber müssen jetzt handeln und den Beschäftigten das geben, was ihnen zusteht. Lohndumping und billige Arbeitskräfte aus Niedriglohnländern sind jedenfalls der falsche Weg. Wir sind bereit, konstruktiv zusammenzuarbeiten, um nachhaltige und gerechte Lösungen zu finden, die für allen Beteiligten in der Branche eine nachhaltige Win-Win-Situation darstellen.“