Wir können uns Lohnzurückhaltung nicht leisten!
Nur wenn die Einkommen steigen, kann auch die Kaufkraft und damit der Konsum gestärkt werden. Gerade im Niedriglohnbereich braucht es Reallohnsteigerungen, damit sich die Menschen das tägliche Leben weiter leisten können.
KV Herbst
Ausgangslage
Österreichs Wirtschaft erholt sich zunehmend von einer Schwächephase. Im August 2025 stieg die Inflation hierzulande auf 4,1 Prozent – und damit deutlich über die durchschnittlich 2,1 Prozent in der Eurozone. Die Forschungsinstitute WIFO und IHS schätzen die Jahresinflation auf 2,9 Prozent. Besonders die Tourismusbranche wirkt weiterhin als Inflationstreiber. Der sogenannte Österreichaufschlag, aber auch die Weitergabe der Kosten an die Verbraucher:innen führte außerdem zu Preisanstiegen um 5 Prozent bei Nahrungsmitteln.
Pressekonferenz
Donnerstag, 25. September 2025, 09:30 Uhr
Anhand der Kollektivvertragsverhandlungen für die Berufsruppen Eisenbahnen, Flugsicherung, Handelsarbeiter:innen, Bewachung, und Ordensspitäler Oberösterreich wird die Bedeutung des Dienstleistungssektors für das Land hervorgehoben und erörtert, warum Lohnzurückhaltung nicht die Lösung für die Wirtschaftskrise ist und wie erhöhter Personalbedarf die Versorgungssicherheit bedroht.
- Zeit: Donnerstag, 25. September 2025, 09:30 Uhr
- Ort: ÖGB Zentrale Catamaran, Johann-Böhm-Platz 1, 1020 Wien, „Riverbox“, 10. Stock
- Roman Hebenstreit, Vorsitzender Gewerkschaft vida
- Gerhard Tauchner, Vorsitzender vida-Fachbereich Eisenbahn
- Daniel Liebhart, Vorsitzender vida-Fachbereich Luftfahrt
- Christine Heitzinger, Vorsitzende vida-Fachbereich Dienstleistungen
Kein Bremsen bei Lohnerhöhungen
Der zweijährige Metaller-KV-"Krisenabschluss" unter der Inflation ist für die Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida keine Vorlage für andere Branchen. "Die Krise der Metallindustrie ist nicht die Krise des gesamten Landes", sagte vida-Chef Roman Hebenstreit am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Ein Lohnabschluss unter der Inflation im Verkehrs- und Dienstleistungssektor gefährde Wirtschaftsaufschwung, Sozialstaat und Gemeinden. Der vida-Chef warnte vor finanziellen Auswirkungen für die Sozialversicherung und die Gemeinden durch niedrige Lohnabschlüsse, weil dadurch die SV-Beiträge und Kommunalsteuern weniger stark steigen. "Wenn wir hier auf die Bremse steigen, gefährden wir das ganze Land", warnte Hebenstreit.
Löhne sind Motor für Aufschwung
Der Spitzengewerkschafter verwies auf die konjunkturellen Effekte von Kollektivvertragsabschlüssen, vor allem wenn in Niedriglohnbereichen - etwa im Dienstleistungssektor - die Lohnerhöhung wieder komplett in den Konsum fließt. "Löhne sind der Motor für den Aufschwung." Österreichs Wirtschaft war 2023 und 2024 in der längsten Rezession der Nachkriegsgeschichte, für 2025 wird ein minimales Wirtschaftswachstum von 0,0 bis 0,2 Prozent prognostiziert. „Eine kräftige Lohnentwicklung ist die wirksamste Konjunkturspritze, die wir uns vorstellen können“, betont Hebenstreit und fügt hinzu: „Ein Lohndiktat unter der Inflation hingegen schwächt nicht nur die Kaufkraft, sondern gefährdet langfristig die gesamte Wirtschaft und den Sozialstaat.“
Wir brauchen einen Reallohnzuwachs
Für die rund 350 Fluglotsinnen und Fluglotsen der Austro Control, die alle Starts, Landungen und Überflüge abwickeln, starteten die KV-Verhandlungen Anfang September. Die Gewerkschaft fordert die Abgeltung der Jahresinflation 2025 plus einen fairen Anteil am massiv gestiegenen Luftverkehrsaufkommen, so Daniel Liebhart bei der Pressekonferenz. Am 3. November beginnen die KV-Verhandlungen für die Handelsarbeiterinnen und Handelsarbeiter. Rund 150.000 Beschäftigte arbeiten in den Lagern und der Logistik des Handels. "Nach dem Lohnverzicht im Vorjahr brauchen sie einen Reallohnzuwachs", forderte die Vorsitzende des vida-Fachbereichs Dienstleistungen, Christine Heitzinger. Auch in der Security-Branche starten Ende Oktober für 18.000 Beschäftigte die Lohnverhandlungen. "Gerade in einer Branche mit einem Bruttomindestlohn knapp über 2.100 Euro muss klar sein: Löhne rauf - und zwar für alle Lohngruppen", forderte vida-Chef Hebenstreit.
Keine Lohnkürzungen hinnehmen
„Auch heuer gilt: Die Beschäftigten können keine Lohnkürzungen hinnehmen – das geht sich für sie finanziell nicht aus. Wer das tut, bekämpft nicht die Inflation – er bekämpft jene Menschen, die dieses Land am Laufen halten“, erklärt Gerhard Tauchner, Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn in der vida, zu den angelaufenen Bahn-KV-Verhandlungen für 55.000 Beschäftigte. Die Basis für die KV-Verhandlungen ist die durchschnittliche Inflation im Zeitraum Oktober 2024 bis September 2025 (Stand August: 2,92 Prozent). Allein die ÖBB müssen in den kommenden fünf Jahren aufgrund von Pensionierungen und Fluktuation 25.000 neue Mitarbeiter:innen aufnehmen.
Entlastung in den Ordenskrankenhäusern Oberösterreich
Kaum eine Berufsgruppe verdient den Titel „Systemerhalter:innen“ mehr als das Krankenhauspersonal, das überwiegend aus Frauen besteht. Doch das System Krankenhaus leidet unter massivem Personalmangel. Bis 2030 werden laut Prognosen 34.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt. „Die Arbeit im Gesundheitsbereich ist körperlich und psychisch fordernd. Überlastung führt zu längeren Wartezeiten und einem steigenden Aggressionspotenzial. Krankheitsbilder wie Demenz und psychische Erkrankungen erschweren die Arbeit zusätzlich“, erklärt Hebenstreit. Neben Lohnabschlüssen über der Inflation fordert vida verbindliche Personalberechnungen und Konsequenzen, wenn diese nicht eingehalten werden.
Die hohe Teuerung trifft vor allem Niedrigverdiener:innen, da sie ihr Einkommen vollständig für Wohnen, Energie und Lebensmittel aufwenden müssen. Lohnabschlüsse unter der rollierenden Inflation würden ihre Kaufkraft weiter mindern – mit schweren Folgen für die Menschen, die trotz Arbeit ärmer werden, und negativen Effekten auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung. Der private Konsum, der in Österreich mehr als die Hälfte des Bruttoinlandsproduktes (BIP) ausmacht, bleibt schwach. Das reale BIP ist im 2. Quartal 2025 zwar um 0,3 Prozent höher als im 1. Quartal, liegt aber 0,1 Prozent niedriger als im Vergleichsquartal 2024. Nur wenn die Einkommen steigen, kann auch die Kaufkraft und damit der Konsum gestärkt werden. Gerade im Niedriglohnbereich braucht es Reallohnsteigerungen, damit sich die Menschen das tägliche Leben weiter leisten können.
Arbeitsmarkt
Die Lage am Arbeitsmarkt hat sich indes deutlich verschlechtert. Im August waren 367.000 Menschen arbeitslos oder in Schulung. Im 2. Quartal verzeichneten die Arbeitslosenzahlen sogar ein Plus von 12,4 % gegenüber dem Vorjahresquartal. Andererseits führt der demographische Wandel zu einer Verknappung des Angebots an Arbeitskräften, was etwa im Eisenbahnsektor, bei den Fluglots:innen oder im Gesundheitswesen besonders spürbar ist. Hier gilt: bessere Entlohnung und Arbeitsbedingungen sind die wirkungsvollsten Mittel, um im Wettbewerb um Arbeitskräfte zu bestehen.
Einkommen und Belastungen
Zahlreiche Beschäftigte in den vida-Branchen gehören zu den unteren Einkommenszehnteln. Besonders im Einzelhandel und in der Bewachung liegen die Einkommen häufig im untersten Dezil – verbunden mit einer negativen Sparquote. Und das, obwohl viele dieser Arbeitnehmer:innen Sonntags- und Nachtdienste leisten. Auch in den Ordensspitälern sind niedrige Löhne und Teilzeit weit verbreitet, während die Belastungen gleichzeitig hoch bleiben. Bei den Eisenbahnen und der Flugsicherung sind die Einkommen zwar höher, dafür stehen die Beschäftigten dort aber unter enormem Druck und tragen eine große Verantwortung für tausende Fahrgäste.
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