Bestbieterprinzip eingefordert

Die vida Landesorganisation Tirol wendet sich in einem offenen Brief an die Tiroler Landesregierung und fordert die Aufgabe deren Blockadehaltung bezüglich der Umsetzung und Anwendung des Bestbieterprinzips bei der öffentlichen Auftragsvergabe. 

Ohne Berücksichtigung von Qualitäts- und Sozialkriterien in Ausschreibungen sei die wirksame Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping sowie das Setzen von Beschäftigungsimpulsen nicht möglich, kritisiert die vida Tirol. 


Offener Brief der vida an Landeshauptmann Platter:

"Sehr geehrter Herr Landeshauptmann!

Die Bundesregierung hat sich dazu verpflichtet, Lohn- und Sozialdumping zu bekämpfen. Auch Sie selbst haben sich mehrfach dessen Bekämpfung und für das Setzen von Gegenmaßnahmen sowie für Beschäftigungsimpulse ausgesprochen.

Dennoch ist gerade das Bundesland Tirol eines jener Bundesländer, die einen Beschluss der aktuellen Novelle des Bundesvergabegesetzes blockieren. Im Rahmen dieses Gesetzes soll unter anderem das Bestbieterprinzip im Baubereich und die verstärkte Kontrolle von Subunternehmen – also wichtige Maßnahmen zur Bekämpfung von Lohn- und Sozialdumping und für qualitativ hochwertige Beschäftigung – umgesetzt werden!

Eine Untersuchung der OECD (Government at a Glance 2015) zeigt, dass die Vergabe der öffentlichen Hand in Österreich insgesamt 13,2 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) des Landes ausmacht. Wer also bei den Vergaben der öffentlichen Hand ansetzt, hat durchaus einen starken Hebel, um mehr faire Jobs zu sichern. Die öffentliche Hand ist einer der wichtigsten Auftraggeber. Sie muss mit gutem Beispiel vorangehen. Menschen, die in öffentlichem Auftrag Häuser bauen oder Bus fahren, müssen fair behandelt und bezahlt werden. Das hat auch eine Signalwirkung für die ganze Gesellschaft.

Mehr Fairness im Vergabeprozess — beispielsweise durch strenge Eignungs- und Ausführungskriterien - schließen von vornherein viele schwarze Schafe aus: Im Vergabeprozess sollen soziale Errungenschaften und der seriöse Einsatz für den Wirtschaftsstandort nicht zum Wettbewerbsnachteil werden. Es sollen konkrete Sozialkriterien verankert werden: fairer Anteil älterer Beschäftigter, Ausbildung von Lehrlingen, Beschäftigung von Menschen mit einer Behinderung oder nach langer Arbeitslosigkeit, Frauenförderung, bis hin zu Ausführungsbestimmungen wie die Bereitstellung von Pausenräumen.

Wir appellieren an Sie, das mit Steuergeldern finanzierte Lohn- und Sozialdumping zu beenden und fordern:

• Aufgabe der Blockadehaltung gegenüber der Novelle des Bundesvergabegesetzes
• Anwendung des Bestbieterprinzips bei öffentlichen Aufträgen im Tiroler Vergabewesen
• Verankerung des Bestbieterprinzips mit der Festlegung von Qualitäts- und Sozialkriterien für weitere Branchen auf Landes- und Bundesebene voranzutreiben
• Über öffentliche Aufträge hochqualifizierte Beschäftigung – vor allem von jungen und älteren Menschen – fördern
• Im Verkehrsbereich erwarten wir uns, dass Direktvergaben weiterhin größtmöglich zur Anwendung kommen und der Leitfaden des BMVIT zur Vergabe von Busdienstleistungen umgesetzt wird.

Jede Maßnahme, die zum seriösen Einsatz von öffentlichen Mitteln, zum Erhalt und zum Ausbau von qualitativ hochwertiger Beschäftigung führt, muss bei über 300.000 Arbeitslosen in Österreich oberste Priorität haben.

Mit freundlichen Grüßen
 
Philip Wohlgemuth                          Günter Mayr eh
Landesgeschäftsführer                  Landesvorsitzender"