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Gewerkschaft vida begrüßt Ratifizierung der ILO-Konvention 190

Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt – insbesondere in der Tourismusbranche – müssen endlich ein Ende haben.

Gewalt und Belästigung

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Am 11. September 2024 hat Österreich die ILO-Konvention 190 ratifiziert. Genau ein Jahr später, am 11. September 2025, tritt sie in Kraft. In dieser Konvention verpflichteten sich die 187 Mitgliedsstaaten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), verstärkt gegen Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt vorzugehen.

Für Eva Eberhart, Fachbereichsvorsitzende für Tourismus der Gewerkschaft vida, ist das ein entscheidender Schritt:

Eva Eberhart Portrait
„Unsere Branche braucht diesen Schutz dringend. Denn leider kommt es hier oft zu Übergriffen – sei es verbal, psychisch oder physisch. Die Umsetzung der Konvention bietet eine wichtige Chance, unsere Arbeitsplätze sicherer und respektvoller zu gestalten.“
Eva Eberhart, Fachbereichsvorsitzende Tourismus der Gewerkschaft vida

Übersicht: Warum C190 jetzt zählt

  • C190 anerkennt das Recht auf eine Arbeitswelt frei von Gewalt und Belästigung – auch durch Dritte wie Gäste oder Kund:innen.
  • Für Österreich gilt: Inkrafttreten am 11. September 2025 (ein Jahr nach Hinterlegung der Ratifikationsurkunde).
  • Unternehmen sind gefordert, Prävention, klare Prozesse und Schutzmaßnahmen verbindlich zu verankern.

Gewalt in der Gastronomie weit verbreitet

Wie dringend Handlungsbedarf besteht, zeigte die 2024 von der Arbeiterkammer Wien und der Gewerkschaft vida präsentierte Studie „No respect, no service!“. Demnach gaben rund 79 % der befragten weiblichen Beschäftigten in der Wiener Gastronomie an, sexuelle Belästigung erlebt oder beobachtet zu haben; in 60 % der gemeldeten Fälle unternahmen Arbeitgeber:innen nichts.

Auch Medienberichte über Missstände warfen zuletzt ein grelles Licht auf die Branche – etwa zu den Wiener Lokalen Wirr und Adlerhof (es gilt die Unschuldsvermutung). Ebenfalls in den Schlagzeilen: Vorwürfe gegen Sterne-Gastronom Konstantin Filippou, die dieser zurückwies; er kündigte Verbesserungen an (Unschuldsvermutung).

Berichte von Beschimpfungen und Drohungen

In Restaurantküchen, hinter der Bar, an der Abwasch oder im direkten Gästekontakt herrscht oft extremer Zeitdruck. Bestellungen müssen gleichzeitig erfüllt, Abläufe koordiniert und Speisen rechtzeitig serviert werden. All das treibt den Stressfaktor in der Gastronomie in die Höhe. „Vielen Kund:innen fehlt es zudem an Respekt“, erklärt Eberhart. Das beginne schon bei der abwertenden Bezeichnung von Servicekräften als Bedienung.

„Kellner:innen müssen oft für Dinge herhalten, für die sie gar nichts können. Manchmal werden sie einfach nur beschimpft, wenn ein Gast einen schlechten Tag hat.“

„Mir wurden heute neun Bestellungen von Kund:innen nicht angenommen bzw. zurückgegeben. Einmal wurde ich gefragt, ob ich neu bin und mich nicht auskenne. Dabei habe ich nur eine neue Regelung meines Arbeitgebers befolgt. Und einmal hat ein Kunde die Bestellung voller Wut gegen meine Fensterscheibe geschossen – nur weil ihm die Verpackung der Speisen nicht gepasst hat! Beim nächsten Mal trifft es vielleicht nicht die Scheibe, sondern jemanden aus unserem Team.“

Konflikte durch Essenslieferungen

Das vermehrte Geschäft mit Essenslieferungen bringt zusätzliches Konfliktpotenzial – sowohl im Kontakt zwischen Beschäftigten und Bestellkund:innen als auch zwischen Gastropersonal und Lieferant:innen.

Beispiel 1:
„Mein Kollege und ich haben eine Lieferbestellung vorbereitet und gemeinsam verpackt. Alles war wie bestellt im Sackerl. Der Kunde hat angerufen und uns als ‚Hurenkinder‘, ‚Arschlöcher‘ usw. beschimpft. (…) Dann hat er noch gedroht, ins Geschäft zu kommen oder uns im Internet fertigzumachen. Wörtlich: ‚Ich vernichte euch.‘ Das war genau am Tag des Amoklaufs an der Grazer Schule.“

Beispiel 2:
„Um 11:15 Uhr kam ein Essenslieferant schreiend herein und fragte, warum die Bestellung noch nicht fertig sei. Die Abholzeit war mit 11:11 angegeben. Nachdem ich erklärte, er müsse bitte noch zwei Minuten warten, schrie er mich an und beleidigte mich in einer Sprache, die ich nicht verstehe. Ich bat ihn, sich zu beruhigen, da ich markiere, wenn das Essen fertig ist und er keine Probleme bekommen würde. Daraufhin schrie er erneut und beschimpfte uns mit obszönen Ausdrücken – und das in einem vollen Lokal mit anderen Gästen, die alles mitbekommen haben. Ich war schockiert. Ich möchte diesen Fahrer nicht mehr in der Filiale sehen. Bitte um Unterstützung – ich konnte von der Firma niemanden erreichen.“

Beschäftigte besser schützen – was Betriebe jetzt umsetzen müssen

„Als Gewerkschaft vida setzen wir uns seit Jahrzehnten dafür ein, alle Formen von Gewalt in der Arbeitswelt zu beenden, und fordern Arbeitgeber auf, eine sichere Arbeitsumgebung für alle zu schaffen“, betont Eberhart. „Mit der ILO-Konvention 190 tritt nun ein weiteres Instrument in Kraft, das Unternehmen beim Thema Sicherheit am Arbeitsplatz in die Pflicht nimmt.“

Konkrete Maßnahmen:

  • Klare Leitlinien & Beschwerdewege: Interne Policies, vertrauliche Meldestellen, nachvollziehbare Verfahren.
  • Schulungen & Awareness: Prävention, Intervention, Fürsorgepflicht – für Führungskräfte und Teams.
  • Risikobewertung im Betrieb: Stoßzeiten, Lieferverkehr, Gästebereiche identifizieren; Gegenmaßnahmen definieren.
  • Konsequent handeln: Täter:innen sanktionieren, Betroffene schützen, Beweise sichern, Nachbetreuung sicherstellen.


Für Eberhart längst überfällig: „Unzählige Beispiele zeigen: Die Gastronomie ist leider oftmals geprägt von gewaltvollen Übergriffen. Die Arbeitgeber sind es ihrer Belegschaft schuldig, sie davor zu schützen!“

FAQ: ILO-Konvention 190 kurz erklärt

Was ist C190?
Die „Konvention über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt“ (2019) – der erste internationale Vertrag, der ausdrücklich das Recht auf eine Arbeitswelt frei von Gewalt und Belästigung festschreibt.

Ab wann gilt C190 in Österreich?
Ab 11. September 2025 (ein Jahr nach der Ratifikation am 11. September 2024).

Welche Rolle haben Unternehmen?
C190 und die begleitende Empfehlung verlangen wirksame Prävention, Schulungen, Beschwerdewege und Schutzmaßnahmen – ein Rahmen, der jetzt konsequent umgesetzt werden muss.

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