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Inklusion statt Ausgrenzung

Menschen mit Behinderung gehören in den ersten Arbeitsmarkt!

Europäischer Dialog

EVG

Fast die Hälfte der Menschen mit Behinderung in Europa hat keinen Zugang zum Arbeitsmarkt – nicht weil sie nicht arbeiten könnten oder wollten, sondern weil ihnen systematisch Steine in den Weg gelegt werden. Zu diesem Schluss kamen Vertreter:innen der Schwerbehindertenvertretungen von ÖBB und DB, der Gewerkschaften vida, EVG sowie europäische Gewerkschaften beim Vernetzungstreffen in Brüssel vom 18. bis 20. Mai 2025.

Vorurteile bremsen Teilhabe

Laut dem aktuellen Bericht des European Disability Forum sind es hartnäckige gesellschaftliche Vorurteile, die über 49 % der Menschen mit Behinderung vom Arbeitsmarkt ausschließen. Noch immer glauben viele Arbeitgeber, Menschen mit Behinderung seien weniger leistungsfähig, öfter krank oder generell weniger belastbar. Diese Annahmen sind nicht nur falsch, sondern kosten unsere Gesellschaft wertvolles Potential – und das in Zeiten des Fachkräftemangels.

„Viele Arbeitgeber wissen gar nicht, dass Barrierefreiheit am Arbeitsplatz staatlich gefördert wird. Stattdessen wird lieber die Ausgleichsabgabe gezahlt. Das ist kurzsichtig.“

Erich Rubenzer, Konzernbehindertenvertreter der ÖBB

Barrieren abbauen statt Ausgleichszahlungen

Unternehmen umgehen die Beschäftigungspflicht für Menschen mit Behinderung, indem sie die sogenannte Ausgleichsabgabe entrichten. In Österreich wie auch in Deutschland ist das gängige Praxis – mit fatalen Folgen. Dabei würde ein barrierefreier Arbeitsplatz nicht nur Menschen mit Behinderung zugutekommen, sondern auch anderen Beschäftigtengruppen.

Hindernisse entstehen oft auch durch unnötige Bürokratie

Jede Einstellung eines Menschen mit Behinderung muss vom Integrationsamt genehmigt werden. Das schreckt viele Führungskräfte ab – ein klarer Fall von fehlgeleiteter Regulierung, die eine inklusive Arbeitswelt verhindert.

Europäischer Austausch für mehr Inklusion

Beim Treffen in Brüssel waren neben vida, EVG und ÖBB auch Vertreter:innen des European Disability Forum, der ETF sowie der britischen Lokführergewerkschaft ASLEF anwesend. Gemeinsam mit den sozialdemokratischen EU-Abgeordneten Gabriele Bischoff und Evelyn Regner wurden zentrale Forderungen für mehr Inklusion formuliert:

  • verbindliche europäische Regelungen zur Beschäftigung von Menschen mit Behinderung
  • Bürokratieabbau und mehr Transparenz bei Fördermaßnahmen
  • inklusive Aus- und Weiterbildung
  • längere Einarbeitungszeiten bei Bedarf
  • klarere Zuständigkeiten für Inklusionsberatung in Betrieben
  • Künstliche Intelligenz darf keine neue Barriere werden, sondern muss inklusiv gedacht werden!

Neurodiversität sichtbar machen

Ein besonderes Augenmerk lag auf unsichtbaren Behinderungen – etwa psychischen Erkrankungen oder Autismus-Spektrum-Störungen. Diese gehen oft mit zusätzlicher Diskriminierung einher, weil sie nicht unmittelbar erkennbar sind. Simon Weller von ASLEF berichtete etwa, dass viele Menschen mit Farbsehschwäche gerne Lokführer:in werden wollen – doch die Standards lassen das oft nicht zu. In Großbritannien wird deshalb an einer inklusiveren Bahninfrastruktur gearbeitet, z. B. durch neue Signaltechnik.

Von der Werkstatt in den Betrieb

Damit Menschen mit Behinderung nicht in Sonderwelten wie Werkstätten „zwischengeparkt“ werden, braucht es konkrete Maßnahmen zur Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Die DB AG zeigt mit ihrem Inklusionszentrum, wie’s gehen kann: Wird ein Bewerber mit Behinderung abgelehnt, wird intern nach einem anderen passenden Job gesucht. Auch die ÖBB setzen auf aktive Inklusionsmaßnahmen.

vida sagt klar: Es braucht einen Kulturwandel

Menschen mit Behinderung bringen Kompetenzen, Erfahrungen und Perspektiven mit, die unsere Betriebe bereichern – ob in der Eisenbahn, im Tourismus, der Reinigung oder den Sozialdiensten. Als Gewerkschaft vida fordern wir daher:

  • Verpflichtende Quotenregelungen, die auch kontrolliert und sanktioniert werden
  • Förderungen vereinfachen, Bürokratie abbauen
  • Arbeitgeber in die Pflicht nehmen, Barrierefreiheit ernst zu nehmen
  • Mehr Sichtbarkeit und Aufklärung, vor allem über unsichtbare Einschränkungen
  • Solidarität statt Ausgrenzung!

Gemeinsam für eine faire Zukunft

Wenn wir den Fachkräftemangel ernst nehmen, können wir es uns nicht leisten, auf Menschen mit Behinderung zu verzichten. Der Austausch in Brüssel hat gezeigt: Gewerkschaften sind die stärkste Stimme für Inklusion. 

vida wird weiterhin auf allen Ebenen für eine gerechte, inklusive Arbeitswelt kämpfen – in Österreich und in Europa.

 

Tatort Arbeitsplatz

Wir geben sexueller Belästigung, Gewalt und Diskriminierung am Arbeitsplatz keine Chance!

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