Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
Tatort Arbeitsplatz
Wo sexuelle Belästigung anfängt, darüber herrscht oft Uneinigkeit. Die folgenden Erklärungen sollen Klarheit bringen. Die Erscheinungsformen sind vielfältig: Sexuelle Belästigung fängt beim Erzählen sexistischer Witze an, geht über scheinbar zufällige Körperberührungen und unerwünschte Einladungen mit eindeutiger Absicht bis hin zur sexuellen Nötigung und Vergewaltigung.
Beispiele für sexuelle Belästigung:
- Poster von Pin-ups im Arbeitsbereich
- pornografische Bilder am Arbeitsplatz (auch am Computer)
- Anstarren, taxierende Blicke
- anzügliche Witze, Hinterherpfeifen
- anzügliche Bemerkungen über Figur oder sexuelles Verhalten im Privatleben
- eindeutige verbale sexuelle Äußerungen
- unerwünschte Einladungen mit eindeutiger (benannter) Absicht
- Telefongespräche, Briefe Chat-Nachrichten oder E-Mails mit sexuellen Anspielungen
- Versprechen von beruflichen Vorteilen bei sexuellem Entgegenkommen
- Androhen von beruflichen Nachteilen bei sexueller Verweigerung
- zufällige/gezielte körperliche Berührungen
- Aufforderung zu sexuellen Handlungen
- exhibitionistische Handlungen
WICHTIG: Sexuelle Belästigung ist, was als solche empfunden wird. Niemand muss sich diese gefallen lassen!
Das sagt das Gesetz zu sexueller Belästigung
Das Gleichbehandlungsgesetz im Arbeitsleben definiert sexuelle Belästigung als „ein der sexuellen Sphäre zugehöriges Verhalten, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt und für die betroffene Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig ist (…)" Sexuelle Belästigung liegt also z. B. vor, wenn dieses Verhalten von dem/der Arbeitgeber:in, einem/einer Kolleg:in oder Dritten (z. B. Kund:in) an den Tag gelegt wird.
Geschlechtsbezogene Belästigungen sind auf das Geschlecht, die Geschlechterrolle oder den Familienstand bezogene, abwertende Äußerungen oder Handlungen, die für die betroffene Person unerwünscht sind und ein feindseliges oder demütigendes Umfeld schaffen. Beispiele sind das Unterstellen eines Zusammenhangs zwischen Familienstand und Arbeitsleistung oder auch Geschlechterstereotype, wie die Bemerkung "alles, was Frauen können, ist Kaffee kochen“.
Berufliche Abhängigkeit und die Angst vor einem möglichen Jobverlust führen sehr oft dazu, dass Betroffene sexuelle Belästigung stillschweigend über sich ergehen lassen. Darüber hinaus gibt es kaum ZeugInnen und nur selten Beweismittel. Aus diesem Grund gibt es für die belästigte Person die sogenannte Beweislasterleichterung. Das heißt, dass der oder die Betroffene die sexuelle Belästigung nur glaubhaft machen muss. Die belästigende Person ist dann verpflichtet, ihr Verhalten sofort einzustellen. Der/die Arbeitgeber:in ist im Rahmen seiner/ihrer Fürsorgepflicht angehalten, unverzüglich geeignete Abhilfe zu schaffen, sodass der oder die Betroffene keinen weiteren Übergriffen ausgesetzt ist.
Abgrenzung Gleichbehandlungsgesetz und Strafrecht
Seit 1. 1. 2016 sind z.B. Berührungen des Gesäßes („Po-Grapschen“), Küssen oder Streicheln am Oberschenkel gemäß § 218 Abs. 1 StGB verboten und fallen in die Zuständigkeit der Polizei/Staatsanwaltschaft, ebenso wie sexuelle Nötigung und Vergewaltigung. Sie sind nach dem StGB strafbar (Geldstrafe/Freiheitsstrafe). Verbale sexuelle Belästigung und Berührungen auf Unterarm, Knie etc. fallen in den Zuständigkeitsbereich der Gleichbehandlungsanwaltschaft. Hier kann nach dem GIBG vorgegangen werden (Schadenersatz). Achtung, je nach Gesetz gibt es unterschiedliche Fristen!
Was du gegen sexuelle Belästigung tun kannst
Die erste Regel lautet: Wehren statt schweigen. Betroffene suchen oft die Schuld bei sich selbst. Doch die Verantwortung liegt ganz klar bei der Person, die belästigt. Wir hoffen, dass du nie sexuell belästigt wirst. Wie du im Fall des Falles vorgehst, liegt selbstverständlich bei dir. Dennoch möchten wir dich ermutigen zu handeln.
Du bist betroffen?
Lass dich beraten!
Handlungsmöglichkeiten:
- Mache der belästigenden Person höflich aber bestimmt deutlich, dass du dich sexuell belästigt fühlst.
- Fordere die belästigende Person auf, das Verhalten sofort
zu unterlassen. - Dokumentiere den Vorfall.
- Sammle Beweise wie SMS, E-Mails oder Fotos.
- Ziehe Kolleg:innen ins Vertrauen oder wende dich an eine Beratungsstelle.
- Wende dich – sofern im Betrieb vorhanden – an deinen Betriebsrat
Gemeinsam aktiv werden
Du bist Zeuge bzw. Zeugin einer sexuellen Belästigung geworden? Dann werde aktiv und biete deine Unterstützung an! Betroffene fühlen sich oft hilflos und ausgeliefert. Umso wichtiger ist es, dass sie nicht alleine gelassen werden. Zeige Zivilcourage und stehe der betroffenen Person zur Seite. Versuche aber, das Thema sensibel anzusprechen und akzeptiere auch, wenn das Opfer keine Hilfe möchte. Viele müssen nach einem Vorfall erst wieder Vertrauen schöpfen und könnten sich von ungefragten Ratschlägen überrumpelt fühlen.
Notruf- und Beratungsstellen
Notrufnummern:
- Polizei: 133
- Internationaler Notruf: 112
- Rettung: 144
Helplines:
- Polizeiliche Hilfe für Gehörlose und Hörbehinderte
0800 133 133 (rund um die Uhr) per SMS (Angabe der Notsituation und Ort) - WEISSER RING Opfer-Notruf 0800 112 112
- FRAUENHELPLINE gegen Gewalt 0800 222 555
- Männerberatung 0720 70 44 00
- Gleichbehandlungsanwaltschaft 0800 206 119
Hilfreiche Websites:
- WEISSER RING
- Gleichbehandlungsanwaltschaft
- Autonome Österreichische Frauenhäuser
- Bund Autonome Frauenberatungsstellen
- HelpChat Hilfe bei Gewalt Online-Beratung für Frauen und Mädchen die von Gewalt betroffen sind
- Netzwerk Österreichischer Frauen- und Mädchenberatungsstellen
- Reine Mädchensache
- Männerberatung
- Bundeskanzleramt: Häusliche Gewalt und Stalking
- Bundeskanzleramt: Gewalt gegen Frauen – Hilfseinrichtungen in den einzelnen Bundesländern
- Relay-Service für gehörlose Frauen
- Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie
- Stadt Wien: Unterstützung und Beratung - Gewalt gegen Frauen
Unterstützung für vida-Mitglieder
Die Gewerkschaft vida bietet professionelle Hilfe im Fall von Mobbing und Gewalt am Arbeitsplatz an.
Werde auch du Teil unserer Bewegung
Denn: Je mehr wir sind, desto mehr können wir bewegen!
vida-Mitglieder erhalten:
- Hilfe bei Mobbing und Gewalt am Arbeitsplatz
- Beratung in arbeits- und strafrechtlichen Fragen
- Rechtsschutz in Streitfällen vor dem Arbeitsgericht
- Vertretung vor Gerichten, Sozialversicherungsträgern und Schlichtungsstellen
- Berufshaftpflicht- und Berufsrechtsschutzversicherung, Freizeitunfall-, Unfallspitalgeld- und Begräbniskostenbeitrags-Versicherung
- Außerordentliche Unterstützungen, Arbeitslosenunterstützung, Unterstützung bei Aus- und Weiterbildung
- Urlaubsangebote
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- Seminare zu unterschiedlichen Themen