vida

Gute Pflege für alle – jetzt!

Im Einsatz für mehr Personal, mehr Geld und mehr Entlastung!

Sie können einfach nicht mehr! Vor allem Beschäftigte in der Langzeitpflege, also in Pflegeheimen und in der mobilen Pflege, aber auch Beschäftigte in Krankenhäusern arbeiten Corona-bedingt seit mehr als eineinhalb Jahren am Anschlag. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis das auch HeimbewohnerInnen oder SpitalspatientInnen zu spüren bekommen. Weil jene, die sie pflegen sollen, keine Kraft mehr dafür haben. Die viel zitierte „gute Pflege für alle“ ist ein Marketing-Gag (geworden). Der Arbeitsalltag für die Beschäftigten sieht anders aus.

200.000 zusätzliche Hände

„Wir stehen, wenn andere lange umgefallen sind, aber die Kräfte schwinden – vor allem weil die Perspektive fehlt, dass es besser wird.“

Der Gesundheits- und Pflegebereich steht vor enormen Herausforderungen. Die Arbeitsbedingungen sind dringend zu verändern, anstatt das System zu Tode zu sparen, wie es die Bundesregierung seit Jahren macht. Bis 2030 braucht der Sektor mindestens 76.000 Beschäftigte zusätzlich, um den Ist-Zustand zu gewährleisten. Also jenen Standard, der Kolleginnen und Kollegen belastet und sehr oft überlastet – es braucht an die 200.000 zusätzliche Hände.

„Wenn Studien ergeben, dass zwei Drittel der Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich an Depressionen leiden, dann sollten bei den Verantwortlichen in der Bundesregierung die Alarmglocken läuten.“

Sylvia Gassner, Vorsitzende des Fachbereichs Soziale Dienste in der Gewerkschaft vida, schließt sich vida-Gewerkschafter Mjka an:

„Es ist nicht nur der Corona-Bonus, wo einfach auf ganze Berufsgruppen vergessen wurde. Es geht um die Symbolik dahinter. Dass der Corona-Bonus nicht, wie von der Gewerkschaft vida gefordert, an alle Beschäftigten des Gesundheits- und Sozialbereichs ausbezahlt wird, ist die Spitze des Eisberges. Es sind Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Löhne zu erhöhen. Außerdem muss in die Ausbildung investiert werden.“

Wertvoll, aber nicht geschätzt

Gerade dort, in der Ausbildung, sind viele dabei, das Handtuch zu werfen.

„Nach knapp über einem Jahr in dem Bereich vergeht mir persönlich die Lust, weiter zu studieren und diesen Beruf zu ergreifen. Obwohl es ein wundervoller Beruf ist, aber die Rahmenbedingungen sind unfassbar! Dass dies in Österreich geduldet wird – unverständlich für mich und viele andere.“

Bisher würden die Verantwortlichen in den Ministerien aber nicht über Ankündigungen hinauskommen. „Außerdem verschwinden Konzepte in Schubladen“, so Harald Steer, Betriebsratsvorsitzender im Anton-Proksch-Institut in Wien und Chefverhandler der Gewerkschaft vida für den Kollektivvertrag der Privatkrankenanstalten.

„Wenn die Regierung von guter Pflege für alle spricht, dann kann man das einfach nicht mehr ernst nehmen.“

Selbst die Arbeitgeber im Gesundheits- und Pflegebereich haben inzwischen erkannt, dass es so nicht mehr weitergehen kann, und treten gemeinsam mit der Gewerkschaft vida in der Öffentlichkeit auf. Präsentiert werden konkrete Vorschläge, wie hochwertige Pflege und attraktive Arbeitsbedingungen in Zukunft gesichert werden können.

Mehr Personal gefragt

Das Thema Pflege lässt niemanden kalt. Dabei liegt der Schwerpunkt meist auf Finanzierungs-, Organisations- und Kompetenzfragen. Gerne übersehen wird, dass der Schlüssel für eine gute Pflegeversorgung darin liegt, ob es gelingt, ausreichend gut qualifiziertes Personal für diesen Bereich zu gewinnen. Die Regierung ist gefordert, auch für die Pflegeberufe etwas zu tun. Werden jetzt nicht die richtigen Weichen gestellt, wird es unweigerlich zu Versorgungsengpässen kommen, warnt etwa die Sozialwirtschaft Österreich. Für die Arbeitgeber ist die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr wichtig. Der Druck hat in den vergangenen Jahren aber ständig zugenommen und die Corona-Pandemie ein Brennglas darauf gelegt.

Politik der „drei Affen“

„Auf die Probleme in der Branche, auf überlastete Beschäftigte, Nachtdienste allein und dazu noch die unzureichende Bezahlung weisen wir seit Jahren hin, aber die Regierung stellt sich taub und blind", so Gerald Mjka, der an die drei japanischen Affen erinnert: Nichts hören, nichts sehen und nichts sagen. „Wobei angekündigt haben Ex-Kanzler Kurz und die Regierung vor allem in den vergangenen eineinhalb Jahren sehr viel, allerdings ist nichts davon umgesetzt worden“, sagt der Gewerkschafter. Zur Absicherung der Qualitätsstandards müssen die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker die nötigen Rahmenbedingungen schaffen, und das werde auch mehr Geld kosten.

Sparen macht krank

Zu einem attraktiven Berufsbild gehört auch eine attraktive Bezahlung. Die öffentliche Hand sei massiv gefordert, die Finanzierung der Pflegeleistungen auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten sicherzustellen, sagt Roman Gutsch, seines Zeichens Betriebsratschef bei Caritas Socialis in Wien.

„Bei uns sind die Strukturen zum Glück gut, aber der Druck, der auf den Kolleginnen und Kollegen lastet, wird immer größer. Es wird in unterschiedlichsten Situationen gespart, was auch das tägliche Arbeiten nicht gerade erleichtert.“

Eine langjährige Forderung der Gewerkschaften war die Abschaffung des Pflegeregresses. Sosehr auch die vida dessen Abschaffung begrüßt hat, umso mehr stellt sich nun die Frage, wie qualitativ hochstehende Pflege dauerhaft finanziert werden kann. „Was keinesfalls passieren darf, ist, dass fehlende Gelder über stagnierende Löhne und Gehälter der Beschäftigten oder noch schlechtere Arbeitsbedingungen hereingebracht werden“, stellt Sylvia Gassner klar: „Die berechtigten Bedürfnisse der zu Pflegenden können nicht auf dem Rücken der Pflegerinnen und Pfleger ausgetragen werden.“

Wir haben uns mehr verdient

Um die gute Pflege für alle auch für die Zukunft abzusichern, ist einerseits der bundesweit einheitliche Mindestpflegepersonalschlüssel unumgänglich, andererseits aber eine bessere Bezahlung, um die Branche attraktiver zu machen. „Die Personalbedarfsberechnung muss gesetzlich verankert werden. Sie soll allen Betreibern von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen die Mindestanzahl und die Qualifikation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zwingend vorschreiben“, so Gerald Mjka. Nur so würde man Mindeststandards und faire Arbeitsbedingungen sicherstellen. Und nur so ist eine Abwanderungswelle aufzuhalten, wie Mjka betont. Denn viele Beschäftigte sprechen offen aus, dass sie nur noch das Ende der Pandemie abwarten, bis sie sich beruflich verändern – aus Verantwortung gegenüber den Patientinnen und Patienten oder Bewohnerinnen und Bewohnern.

Achtung Gesundheitskollaps

Dass die Beschäftigten genug haben und nicht mehr können, zeigten sie auch am 9. November bei einer großangelegten >>> Demonstration für bessere Arbeits- und Ausbildungsbedingungen. Mehr als 4.000 Beschäftigte marschierten gemeinsam mit der Gewerkschaft vida und den drei weiteren betroffenen Teilgewerkschaften durch die Wiener Innenstadt. Der Demonstrationszug bewegte sich lautstark am Gesundheits- und Finanzministerium vorbei und tat seinen Unmut kund. Der Tenor: Mehr Geld für den Gesundheits- und Pflegebereich, sonst droht der Kollaps!

Zurück auf die Straße

Roman Brunner, Bundesjugendsekretär der Gewerkschaft vida, versprach sogar, dass man gemeinsam mit den Tausenden Beschäftigten wiederkommt und noch lauter wird, sollte nichts passieren.

„Die Beschäftigten brennen aus, die Jungen können sich die Ausbildung nicht leisten, und der Finanzminister geht mit dem Notebook spazieren. So geht es nicht weiter. Die Regierung wird uns nicht überhören können, denn wir sind viele.“

Und tatsächlich, der Gesundheits- und Pflegebereich ist trotz des Zu-Tode-Sparens der Bundesregierung zum Glück ein funktionierendes System, zu dem unterschiedlichste Berufsgruppen beitragen. Egal ob der Rettungsdienst, die Pflegerin am Kranken- oder Pflegebett, der Bewacher vor den Häusern oder die Reinigungskräfte, die für Hygiene und Sauberkeit sorgen.

Ohne uns läuft nichts

„Wir lassen uns nicht auseinanderdividieren“, sagt vida-Gewerkschafter Mjka und unterstreicht eine Ansage, die schon beim von der Regierung versemmelten Corona-Bonus von Gewerkschaftern mehrfach getätigt wurde. „Damit der Gesundheits- und Pflegebereich gut arbeiten kann, greifen unzählige Rädchen ineinander. Das muss auch die Regierung verstehen, obwohl sie versucht, Unterschiede zu machen“, so der Gewerkschafter. Das betonten auch die Beschäftigten bei den >>> österreichweiten Demonstrationen Anfang Juli, wo beispielsweise Reinigungskräfte Seite an Seite mit Pflegebeschäftigten marschierten und bessere Arbeitsbedingungen forderten. Ganz nach dem Motto: „Ohne uns geht nichts – zwar ist Gesundheit nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.“

Liebe Regierung, jetzt handeln!

Am Ende ist eines klar: „Zieht die Bundesregierung nicht sofort die Reißleine und investiert endlich ernsthaft Geld in das Gesundheits- und Pflegesystem wie in die Wirtschaft, dann ist der Kollaps vorprogrammiert“, mahnt vida-Gewerkschafterin Gassner. Also: Bessere Arbeitsbedingungen - JETZT! 

JETZT PETITION UNTERSCHREIBEN

Corona-Pflegebonus für alle HeldInnen der Krise: Wir brauchen deine Unterstützung. >>> Unterschreibe die parlamentarische Petition!