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EU-Mobilitätspaket braucht neuen Schwung

Gewerkschaften legen mit "Wiener Erklärung" Ideen vor.

Die Europäische Kommission hat 2017 ihre grundlegende Reform der Straßenverkehrsregeln in Europa, das sogenannte Mobilitätspaket, vorgestellt. Noch sind sich die EU-Institutionen und die Mitgliedstaaten uneinig darüber, wie sie damit umgehen sollen. Klar ist: Die Zeit drängt. Immer mehr Fälle von Missbrauch und Sozialdumping von Arbeitnehmern im Straßentransportsektor kommen ans Tageslicht. Wir brauchen dringend Verbesserungen für die Millionen Berufskraftfahrer, die Passagiere und Fracht in ganz Europa befördern.

Im Einsatz für fairen Transport

Mit der sogenannten „Wiener Erklärung“ haben die Europäischen Transportgewerkschaften ihre Visionen für das EU-Mobilitätspaket vorgelegt. Damit soll fairer Transport auf Europas Straßen sichergestellt werden. Die Europäische Transportarbeiter-Föderation (ETF) und ihre angeschlossenen Gewerkschaften aus ganz Europa unterzeichneten am 31. Oktober 2018 in Wien eine Erklärung, die einen Weg nach vorne bietet. Die Vorschläge könnten leicht umgesetzt werden und würden einen EU-Straßenverkehrsmarkt schaffen, auf dem fairer Wettbewerb und menschenwürdige Arbeitsbedingungen die Norm sind.

Arbeitnehmer in den Mittelpunkt

Karl Delfs, Bundessekretär des vida-Fachbereichs Straße, begrüßt diesen mutigen Schritt: „Gewerkschaften in ganz Europa verstehen die wirklichen Probleme, mit denen der Straßentransport in Europa konfrontiert ist. Unfairer Wettbewerb führt zu niedrigen Löhnen und schockierenden Bedingungen für die Fahrer. Deshalb setzen wir uns für fairen Transport ein. Ich bin so stolz darauf, dass vida den Start dieser positiven Vision für das EU-Mobilitätspaket ausrichten konnte. Jetzt ist es an der Zeit, dass die Verantwortlichen Arbeitnehmer und Fairness in den Mittelpunkt ihrer Reformen stellen, damit der Straßentransport ein Motor für hochwertige Arbeitsplätze in Europa sein kann!"

Die Vision der ETF für ein faires Mobilitätspaket:

  • AUSREICHEND SCHLAF FÜR DIE FAHRER: Eine Reihe von verpflichtenden Ruhebedingungen für Berufskraftfahrer und ein generelles Verbot der normalen wöchentlichen Ruhezeit (45 Stunden) in einem Fahrzeug.
  • EIN RECHT AUF DAS FAMILIENLEBEN: Internationale Fahrer sollten mindestens alle drei Wochen nach Hause zurückkehren können.
  • SICHERHEIT FÜR ALLE Straßenbenutzer: Europa braucht keine weitere Flexibilität hinsichtlich der Lenk- und Ruhezeitenregeln. Die Kommission schlägt vor, diese Regeln zu lockern, aber wir müssen Fahrer, Fahrgäste und andere Verkehrsteilnehmer vor den Gefahren der Ermüdung der Straße schützen. Müdigkeit tötet!
  • GLEICHER LOHN FÜR DIE GLEICHE ARBEIT AM GLEICHEN ORT: Um Sozialdumping und Lohndiskriminierung zu verhindern, sollten mobile Arbeitnehmer zu den gleichen Bedingungen des Landes bezahlt werden, in dem sie ihre Tätigkeit ausüben. Ausnahmen von der Entsenderichtlinie im Straßentransport müssen begrenzt sein. Das System muss Sanktionen für Arbeitgeber beinhalten, die gegen Regeln verstoßen.
  • EIN ENDE FÜR BRIEFKASTENFIRMEN: Wir unterstützen die regelmäßige Rückkehr des Fahrzeugs – mindestens alle drei Wochen – in das Land, in dem das Transportunternehmen ansässig ist.
  • FAIRE GRENZEN BEI DER KABOTAGE: Die Verwendung eines Fahrzeugs für die Arbeit in einem anderen EU-Staat sollte dazu dienen, Leerfahrten zu vermeiden, die Märkte nicht zu verzerren und lokale Unternehmen nicht zu unterbieten. Die Kabotage muss von kurzer Dauer sein und auf dem Rückweg in das Land des Betreibers durchgeführt werden.
  • MODERNE DURCHSETZUNG MODERNER REGELN: Wir müssen von papierbasierten zu digitalen Nachweisen und Dokumentationen wechseln und sofort intelligente Fahrtenschreiber in allen Fahrzeugen einführen.
  • SOZIALE SICHERHEIT FÜR ALLE: Jeder Bus- und LKW-Fahrer sollte dem System der sozialen Sicherheit des Mitgliedstaats unterliegen, in dem er normalerweise arbeitet. Jeder Fahrer sollte auch über eine EU-Sozialversicherungsnummer verfügen, um den Zugang zu Hilfe und Leistungen zu gewährleisten und grenzüberschreitende Kontrollen zu erleichtern.

Hintergrundinformation

Das EU-Mobilitätspaket ist eine umfassende Reform der Vorschriften für den Straßenverkehr und den Güterverkehr in Europa. Eine schlechte Reform könnte katastrophale Auswirkungen auf die Sicherheit im Straßenverkehr und die Arbeitsbedingungen von Berufskraftfahrern für die kommenden Jahrzehnte haben.

Folgende Risiken drohen:

  • Weniger Ruhe >> Ermüdungsgefahr
  • Niedrige Bezahlung >> Ausbeutung und Sozialdumping
  • Wochenenden in Fahrzeugen schlafen >> schockierende Bedingungen und schlechte Erholung
  • Mehr Kabotage >> unfairer Wettbewerb

Arbeitnehmervertreter setzen sich für ein faires Mobilitätspaket ein, dabei werden sie häufig von Partnerorganisationen im Bereich der Straßenverkehrssicherheit unterstützt.

Für dich da! Gewerkschaft vida Fachbereich Straße Johann-Böhm-Platz 1
1020 Wien
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Über uns

Der Fachbereich Straße in der Gewerkschaft vida vertritt die Interessen aller Berufskraftfahrer:innen in Österreich. Beschäftigte in der Güterbeförderung, Spedition und Logistik gehören ebenso dazu wie Autobuslenker:innen oder aber auch Mietwagen- und TaxifahrerInnen. Am „Arbeitsplatz Straße“ unterwegs zu sein, ist mit einer hohen Verantwortung verbunden. Damit die Beschäftigten ihre Arbeit unter guten und sicheren Bedingungen erbringen können, gestaltet vida aktiv mit. Wir machen uns vor allem für jene Berufskraftfahrer:innen stark, die mit schwerwiegenden arbeitsrechtlichen Problemen zu kämpfen haben. Fragwürdige Praktiken bei der Entlohnung ebenso wie teils nicht ordnungsgemäße Anmeldung zur Sozialversicherung oder dubiose Scheinselbständigkeit sind die Hauptthemen unserer Arbeit. Nationale und internationale Vernetzung, Lobbying und kompetente Grundlagenarbeit zählen zu unseren täglichen Aufgaben.

Fachbereichsvorsitzender: Markus Petritsch
Fachbereichssekretär: Toni Pravdic, Karl Delfs