vida

Studie über Reinigungsbranche

Arbeitsbedingungen und Lebenssituation der Beschäftigten umfassend beleuchtet.

Rund 40.000 Menschen in Österreich sind in der Reinigungsbranche beschäftigt. Der überwiegende Teil, rund 85 Prozent, arbeitet in der sogenannten Unterhaltsreinigung, ist also mit sämtlichen Reinigungsarbeiten im Inneren von Gebäuden betraut. Egal ob in Büros, Bankfilialen oder Kaufhäusern, die Beschäftigten haben eines gemeinsam: man nimmt sie kaum wahr und man weiß nicht viel über sie. Denn meist wird vor und nach Büroschluss gearbeitet, wenn man den Putztrupp nicht sieht.

Geht es nach der Gewerkschaft vida, soll sich das ändern. Um mehr Einblick zu gewinnen, hat das IFES-Institut in Zusammenarbeit mit Arbeiterkammer und vida eine Studie erstellt, die Arbeitsbedingungen und Lebenssituation der Beschäftigten genau erfasst.

Einige Kernergebnisse:

  • 7 von 10 Befragten wünschen sich Tagesarbeitszeit zwischen 8 und 18 Uhr.
     
  • Bei fast der Hälfte überwiegt Arbeit vor neun Uhr früh.
     
  • Mehr als ein Drittel hat geteilte Dienste an den Tagesrändern.
     
  • Fast drei Viertel der Befragten haben Kinder im betreuungspflichtigen Alter.
     
  • Nur ein Viertel gibt an, keine Probleme mit der Betreuung zu haben, z.B. mit     Öffnungszeiten von Betreuungseinrichtungen.

Ein klassisches Beispiel für die Branche ist Mina Dunic. Sie flüchtete vor 19 Jahren während des Kriegs in Bosnien nach Österreich und war zunächst mit ihrem Mann und den damals zwei und sechs Jahre alten Töchtern in Baden untergebracht. Über einen Job bei einer Reinigungsfirma in Wien-Donaustadt war sie heilfroh, aber die Probleme waren damals dieselben, unter denen viele Beschäftigte in der Branche auch heute leiden: geteilte Dienste, dadurch zweimal Anfahrt, Arbeitszeiten am Tagesrand, keine Kinderbetreuung. "Ich habe oft eine Nachbarin fragen müssen, ob sie auf die Kinder schauen kann, wenn ich um halb sechs Uhr abends zum zweiten Mal zur Arbeit gegangen bin, keine Betreuungseinrichtung hätte da offen gehabt“, so die 45-Jährige.

Zu den Problemen mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie kommen oft Probleme am Arbeitsplatz, das war auch bei Mina Dunic so: "Die Umstände waren eigentlich unzumutbar. Wir hatten keine Garderobe zum Umziehen sondern einen Raum irgendwo im Keller, Zulagen wurden nicht richtig oder gar nicht ausbezahlt, niemand von uns hat sich ausgekannt. Nach neuneinhalb Jahren wurde ich schließlich während eines Krankenstandes wegen eines Bandscheibenvorfalls gekündigt. Nach zehn Jahren wäre mir eine deutlich höhere Abfertigung zugestanden.“ Damals hat sich Dunic zum ersten Mal an die Gewerkschaft gewandt. Arbeitsrechtliche und gesundheitliche Probleme, wie sie sie damals erlebt hat, belegt die Studie auch heute zur Genüge:

  • Mehr als die Hälfte der Befragten fühlt sich durch anstrengende körperliche Tätigkeit stark oder sehr stark belastet.
     
  • Ein Drittel denkt, dass sie den Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht bis zur Pension ausüben können werden.
     
  • Fast die Hälfte gibt an, mit ihrem Einkommen nicht auszukommen, was vor allem an der hohen Teilzeitbeschäftigung liegt.
     
  • Fast zwei Drittel sind mit den Aufstiegs- und Entwicklungsmöglichkeiten im Betrieb unzufrieden.
     
  • Die Hälfte schätzt ihre Chancen am Arbeitsmarkt generell als gering ein.

Für Mina Dunic hat sich alles zum Guten gewendet. Sie ist heute beim ÖGB beschäftigt, hat keine geteilten Dienstzeiten mehr und wird korrekt bezahlt: „Es ist mit meinen ersten Stellen nicht zu vergleichen. Hier kommt der Chef her und gibt dir die Hand.“ Wertschätzung - das ist auch ein Punkt, den die Gewerkschaft vida für die Beschäftigten stetig zu verbessern versucht, sagt Ursula Woditschka von der Bundesfachgruppe Reinigung und Wartung: „Eine ganz dringende Forderung ist Tagesarbeitszeit. Damit lösen sich auch viele andere Probleme, wie Kinderbetreuung oder Wahrnehmung und Anerkennung durch andere auf.“

Forderungen von vida:

1) Tagesarbeitszeit von 8.00 bis 18.00 Uhr
 Öffentliche AuftraggeberInnen sollen als Vorbilder dienen, indem auf Tagesarbeitszeit umgestellt bzw. Reinigung nur zu Tagesarbeitszeit ausgeschrieben wird. Das wirkt einerseits Problemen durch nicht vorhandene Kinderbetreuung oder doppelte Anfahrtswege etc. entgegen, andererseits auch der mangelnden Anerkennung und Wertschätzung, weil die Arbeit sichtbar und wahrnehmbar gemacht wird.

2) mehr Aus- und Weiterbildung
 Beschäftigte sollen vor Antritt einer neuen Stelle ausreichend über Schutzbestimmungen und Gesundheitsvorsorge informiert werden. Information zu ergonomischem  Arbeiten etc. soll über betriebsinterne Schulungen angeboten werden. Ungelernte Arbeitskräfte sollen gefördert werden, die Lehrabschlussprüfung nachzuholen, verbunden mit Angeboten zur Verbesserung der Sprachkenntnisse. ArbeitgeberInnen sollen das Weiterbildungsangebot verstärken, firmeninterne Karrieremöglichkeiten anbieten und Aufstieg fördern – z.B. für frei werdende Führungspositionen vorhandenes Personal qualifizieren und intern nachbesetzen.

3) Arbeit gerechter verteilen
 Den hohen körperlichen Belastungen in der Branche muss mit einer Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit entgegengewirkt werden.  Statt regelmäßige Über- und Mehrstunden von Beschäftigten zu verlangen sollen Teilzeitkräfte voll beschäftigt werden. Das würde all jenen MitarbeiterInnen zu Gute kommen, die unfreiwillig teilzeitbeschäftigt und dadurch NiedrigverdienerInnen sind.

Die Gewerkschaft vida und die AK Wien laden zur Veranstaltung „Der Wunsch nach dem Ende der Unsichtbarkeit“- „Wege zur Sichtbarkeit und Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Reinigungsgewerbe“ ein.

Bei dieser Veranstaltung wird die Studie „Beschäftigungssituation im Reinigungsgewerbe“ vorgestellt. ExpertInnen präsentierten Internationale Beispiele zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Reinigungsgewerbe und zeigen Perspektiven sowie Weiterbildungsmöglichkeiten auf.

Donnerstag, 31.Oktober 2013, 9.30 bis 13.00
 ÖGB-Catamaran, Saal 1501-B1 Wilhelmine Moik     
 Johann-Böhm-Platz 1
 1020 Wien  

        
 Anmeldungen bitte bis 21. Oktober 2013, an ingrid.schmid@akwien.at senden.

Für dich da! Gewerkschaft vida Fachbereich Gebäudemanagement Johann-Böhm-Platz 1
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Über uns

Der Fachbereich Gebäudemanagement in der Gewerkschaft vida vertritt die Interessen der Arbeitnehmer:innen in Gebäudereinigungsfirmen, der Schädlingsbekämpfer:nnen, der Hausbesorger:innen und Hausbetreuer:innen und Beschäftigten aus den Sicherheitsdiensten. Viele Betriebe lagern Dienstleistungen aus den Bereichen Reinigung und Wartung aus. Für die Beschäftigten stellen sich neue, vielfältige Arbeitsgebiete dar. Zu unseren Hauptaufgaben zählen die Verbesserungen der Kollektivverträge und die Erhöhung der jeweiligen Lohnsysteme in den jährlichen Verhandlungen. Da Ist-Löhne in diesem Wirtschaftsbereich keine Rolle spielen, sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besonders auf erfolgreiche Verhandlungen der Gewerkschaft angewiesen.

Fachbereichsvorsitzende: Gernot Kopp
Fachbereichssekretärin: Ursula Woditschka