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4. EU-Eisenbahnpaket

EU-Kommission soll Milliardenkosten für Bahnliberalisierung selbst bezahlen.

"Österreichs VertreterInnen im EU-Rat dürfen nicht jedem kostspieligen Schwachsinn der EU-Kommission zustimmen", fordert der Vorsitzende der Sektion Verkehr in der Gewerkschaft vida, Roman Hebenstreit. Es müsse zu einer Ablehnung des Gesetzesvorschlags von EU-Verkehrskommissar Kallas zum 4. Eisenbahnpaket, der eine weitere Zerschlagung und Privatisierung von Europas integrierten Bahnen durch zusätzliche Liberalisierungs- und Wettbewerbsschritte vorsehe, kommen.

Laut einer Studie des europäischen Eisenbahndachverbands CER würde alleine die geplante Trennung von Infrastruktur und Absatz in Europa Mehrkosten von bis zu 6 Milliarden Euro verursachen. "Es wäre deshalb von der EU-Kommission, gelinde gesagt, gewagt, im Zusammenhang mit den weiteren Liberalisierungen im 4. Eisenbahnpaket von Vorteilen für die KonsumentInnen und SteuerzahlerInnen zu sprechen", wendet Hebenstreit ein.

Wer anschafft, der soll auch zahlen

Denn sollte die EU-Kommission in diesem Gesetzesentwurf wie geplant auch verpflichtend EU-weit einheitliche Fahrzeugstandards für Schienenfahrzeuge festschreiben, so wäre es in der Folge für die Kommission ein weiterer logischer Schritt, auch jedem Betreiber solcher EU-Norm-Fahrzeuge das Recht zuzusichern, mit diesem in jedem Mitgliedsland fahren zu können. "Und ist es erst soweit, dann müssten unter weiterem Milliardenaufwand beispielsweise bis zu zwei Drittel von Österreichs Schienennetz adaptiert werden, um dieses EU-Recht den Betreibern dann auch garantieren zu können", warnt Hebenstreit: "Ich fordere die EU-Kommission daher auf, die Milliardenkosten für diese schwachsinnige Vollliberalisierung der Bahn gemeinsam mit den Konzernen, die daran Interesse haben, selbst zu bezahlen und sie nicht auf die SteuerzahlerInnen und BahnkundInnen abzuwälzen: Wer anschafft, der soll auch zahlen."Man wird sich den Umbau nicht leisten können

"Wenn schon der EU-Verkehrskommissar inhaltlich mit diesen kostspieligen Details nur dürftig beschlagen zu sein scheint, so müssten zumindest die PolitikerInnen der einzelnen EU-Länder aufschreien, es der deutschen Kanzlerin Merkel gleichtun und das 4. Eisenbahnpaket klar zurückweisen. "Die EU-Pläne würden in wenigen Jahren auch ein Ende der Bahn in Österreich bedeuten. Man wird sich den Umbau nicht leisten können - nicht den EU-Standards entsprechende Strecken müssten geschlossen werden. Vermutlich würde von der von Kallas angestrebten weiteren Liberalisierung niemand außer Bauwirtschaft und Zulieferindustrie profitieren", so Hebenstreit.Liberalisierung habe keine nennenswerten Vorteile gebracht

Schon die Liberalisierung der Energiewirtschaft durch die EU-Kommission habe trotz vollmundiger Ankündigungen den SteuerzahlerInnen und Konsumenten keine nennenswerten Vorteile gebracht. Auch die Vorteile von Businesskunden hielten sich dabei in Grenzen, so Hebenstreit.

Die Gewerkschaft vida lehnt diesen weiteren Anschlag mit dem 4. Eisenbahnpaket der EU-Kommission auf das Bahnsystem, die Bahnkundinnen und SteuerzahlerInnen sowie Beschäftigten im Sinne der Gemeinwohlverpflichtung klar ab:

Geplante verpflichtende Ausschreibungen für Personenverkehrsdienste würden zu einem Chaos im Bahnsystem führen. Alle guten Absichten wie die Verbesserung und der Ausbau des öffentlichen Regionalverkehrs oder die Einführung eines brauchbaren Taktfahrplanes würden mit einem Schlag zunichte gemacht werden. Niemand außer Kallas will das: Dem Verkehrsministerium, den Verkehrsverbünden und Ländern würde die Wahlfreiheit zwischen Direktvergabe und Ausschreibungen genommen - die BahnkundInnen bekämen in der Folge ein schlechteres bzw. gar kein Angebot mehr auf vielen Strecken und wären somit beim 4. Eisenbahnpaket ebenfalls die großen Verlierer.

Bahn würde als Netz-Systemanbieter aufgelöst werden

Derzeit ist der nationale Schienenpersonenverkehr noch vor den zerstörerischen Plänen des EU-Kommissars geschützt. Setzt sich die Kommission mit dem 4. Eisenbahnpaket aber durch, würde die Bahn als Netz-Systemanbieter aufgelöst werden müssen. Durch diese Trennung würde sich das Angebot nur noch auf ertragreiche Strecken beschränken. Alle anderen
Leistungen wie Regionalverkehre, Taktverkehre und mittels gemeinwirtschaftlicher öffentlicher Finanzleistungen gestützte Verkehre würden dadurch noch einmal zusehends unter Druck geraten.

Eine weitere Trennung zwischen Infrastruktur (Netz) und Eisenbahnbetrieb über die derzeit gültigen EU-Wettbewerbsbestimmungen hinaus würde eine
Gefahr für die effiziente Nutzung der Schiene darstellen, vor allem in den Bereichen Wirtschaftlichkeit und Sicherheit. In England hat diese weitere Trennung eine Verlagerung des Fokus von der volkswirtschaftlichen Aufgabe der Bahn hin zur Auszahlung von Gewinnen an private Betreiber verursacht: Die Fahrkarten haben sich verteuert, Sicherheitsrisiken und schwere Unfälle zugenommen.

 

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