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Vom Bergbauernbub zum Donaukapitän

Norbert Fuchs - Betriebsrat bei der DDSG

Es war nicht der Plan seiner Eltern, als Norbert Anfang der 70er Jahre den elterlichen Bergbauernhof verließ, um Seemann zu werden. Er wurde auf einem Internat-Schulschiff der DDSG als Schiffsjunge ausgebildet. „Gelernt hab ich noch auf Dampfschiffen!“, erinnert sich Norbert zurück. Binnenschiffer war damals schon ein anerkannter Lehrberuf, trotzdem ist es heute fast ein exotischer Beruf in Österreich. Nach seinem Lehrabschluss wurde Norbert Zahlmeister: „In dieser Funktion war ich für alle schriftlichen Arbeiten an Bord unter anderem auch für die Lohnverrechnung verantwortlich.“ Auf einer Lehrstrecke von 700 Kilometern – von Regensburg nach Budapest – lernte er navigieren und wurde Steuermann. Bereits 1980 führte Norbert die längste Berufsbezeichnung, die es im deutschen Sprachraum jemals gab:  Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitän.

Binnenschiffer am Start

Heute ist Norbert selbst Ausbilder. In der Berufsschule Apollogasse in Wien kümmert er sich um „seinen“ Nachwuchs. Unterrichtet wird unter anderem das Führen von Schiffen, der Betrieb und die Wartung von Maschinen, Gewässerkunde bis hin zu Schiffstouristik. Im Sommer werden die angehenden BinnenschifferInnen auf den fahrenden Schiffen unter Anleitung der Kapitäne ausgebildet. „Führungsqualitäten und technisches Verständnis sind wichtig. Geduld und ein hohes Maß an Selbstverantwortung ist für diesen Beruf unbedingt notwendig“, weiß Norbert aus eigener Erfahrung.

Auf Kurs für die Belegschaft

Früher fuhr Norbert Passagiere und Fracht sogar bis zum Schwarzen Meer. Heute ist er Kapitän auf Linien- und Charterfahrten und fährt Touristen durch den Donaukanal oder die Wachau. Dreimal die Woche gibt es Themenfahrten. Norbert und sein Schiff werden auch für Hochzeiten, Geburtstage und Betriebsausflüge „gechartert“. „Es ist ein schöner Beruf, kein Tag gleicht dem anderen. Früher war man ‚nur‘ für das Schiff und seine Crew verantwortlich. Heute ist man Reiseleiter, Entertainer und oftmals auch Fotomodell in einem“, zwinkert der erfahrene Kapitän. Verantwortlich für seine Crew ist Norbert auch als Betriebsrat. Der heute 60-Jährige, der bereits 45 Jahre an Bord eines Schiffes arbeitet, hat schon vieles „die Donau runtergehen gesehen“ – unter anderem auch Arbeitsplätze, vor allem nach der Privatisierung der alten DDSG. „Die österreichische Binnenschifffahrt
hat eine lange, traditionsreiche Geschichte, die es weiterzuführen gilt.“ Norbert liegt es am Herzen, für die Zukunft gute Arbeitsplätze in der heimischen Binnenschifffahrt zu erhalten. „Mit unserem Nachwuchs sind wir gut auf Kurs. Qualität setzt sich durch!“, ist das Motto des sympathischen Kapitäns. Schiff ahoi!

Artikel erschienen im vida-Magazin 3/2015