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Fairness am Zug in Europa

PSO-Verordnung: Gewerkschaft warnt vor Aushebelung der Direktvergabe.

Bei einer gemeinsamen Online-Veranstaltung von AK und ÖGB Brüssel, der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF) und Gewerkschaft vida Ende Mai warnte vida-Vorsitzender Roman Hebenstreit vor einem Aushebeln der Möglichkeit zur Direktvergabe im öffentlichen Schienenpersonenverkehr. Diese ist durch die geplanten neuen Leitlinien der Europäischen Kommission zur sogenannten PSO-Verordnung – Public Service Obligations – in Gefahr, wie Hebenstreit betont:

„Der Leitlinienentwurf der Europäischen Kommission würde europaweiten Ausschreibungen Vorrang vor einer nationalen Direktvergabemöglichkeit einräumen. Erfahrungen aus Ländern, die schon auf Wettbewerb setzen, zeigen bereits jetzt, dass mehr Wettbewerb nicht etwa zu höherer Qualität im öffentlichen Verkehr führt, sondern im Gegenteil zu Sozial- und Ausbildungsdumping sowie geringerer Versorgungssicherheit und sogar steigenden Kosten führt.“

Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida

Für vida-Vorsitzenden Roman Hebenstreit sinnvoll wären „Auslegungsleitlinien, wenn sie Qualitätskriterien, einheitliche Ausbildungs- und Sozialstandards oder Personalübergänge bei einem Betreiberwechsel einheitlich auslegen und so Rechtsicherheit schaffen“.

Neue Leitlinien für PSO-Verordnung

Guter, qualitativ hochwertiger öffentlicher Verkehr kann fast nie kostendeckend betrieben werden und muss mit öffentlichen Geldern unterstützt werden. Die PSO-Verordnung regelt, wie Behörden solche gemeinwirtschaftlichen öffentlichen Verkehre organisieren, bestellen und finanzieren sollen. Ein aktuelles Rechtsgutachten im Auftrag der AK kommt im Gegensatz zur Position der Europäischen Kommission zum Schluss, dass die PSO-Verordnung auch weiterhin eine Wahlmöglichkeit zwischen der gleichrangigen Direktvergabe und wettbewerblicher Ausschreibung im Schienenverkehr vorsieht. Schienenpersonenverkehrsdienste unterliegen eben nicht dem Vergaberecht, sondern werden in der PSO-Verordnung ausdrücklich gesondert geregelt.

Österreich mit Direktvergabe Bahnland Nummer 1

„Die vom EU-Parlament und Rat demokratisch legitimierte PSO-Verordnung selbst kann die Kommission nicht durch Interpretationen abändern“, stellt Hebenstreit klar. Nicht ohne Grund setze nicht nur die deutliche Mehrheit der EU-Länder, sondern auch die Schweiz auf das Direktvergabemodell. Die Bahnsysteme der Schweiz, Österreichs und Frankreichs gelten als die Besten Europas. „Österreich ist durch die Direktvergabe zum Bahnland Nummer eins in der EU geworden, dieses Modell hat sich bewährt. Noch immer kann die Kommission nicht belegen, dass sich irgendwo im Eisenbahnbereich durch Ausschreibungen Verbesserungen in der Qualität der Dienstleistungen für die Fahrgäste oder Steuerzahler ergeben hätten! Und das, obwohl die Folgen mittlerweile deutlich sichtbar sind, wenn man an die Pleite des deutschen Bahnunternehmens Abellio und die Mehrkosten für die Steuerzahler von einer halben Milliarde Euro nur in Nordrhein-Westfalen denkt“, so der vida-Gewerkschafter.

Wichtige Rolle für „Green Deal“

Die PSO-Verordnung in ihrer derzeitigen Fassung spiele daher auch eine zentrale Rolle bei der Umsetzung des europäischen Green Deals, der eine 90-prozentige Reduzierung der verkehrsbedingten Treibhausgasse bis 2050 auch durch einen massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs beinhalte. „Die letzten zweieinhalb Pandemie-Jahre haben uns wieder einmal vor Augen geführt, dass es der Staat und die öffentlichen Unternehmen sind, welche die Versorgungssicherheit der Bevölkerung garantieren. Zwingt die EU-Kommission jetzt Länder zum Ausschreibungs- und Privatisierungsexperiment, wäre das somit kontraproduktiv. Den europäischen Ländern muss daher weiterhin die Wahlmöglichkeit erhalten bleiben, ihren öffentlichen Verkehr und andere Dienstleistungen so organisieren zu können, wie das derzeit in der geltenden PSO-Verordnung garantiert ist“, bekräftigt Hebenstreit.

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