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ETF Kongress in Berlin

Scharfe Kritik an Liberalisierung

Auf dem ETF-Kongress von 29. bis 31. Mai 2013 in Berlin haben zahlreiche Delegierte scharfe Kritik an der Politik der europäischen Kommission geübt. "Von der Liberalisierung haben wir genug", brachte der Präsident des schweizerischen SEV, Giorgio Tuti, die Stimmung der Delegierten auf den Punkt.

Die Liberalisierung habe keine positiven Effekte erbracht, nicht im Verkehrssektor und auch sonst nicht, so Tuti weiter. "Im Gegenteil: Die Managergehälter steigen, während die Löhne am unteren Ende der Skala stagnieren. Und wir haben ein Verteilungsproblem, die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer, die Mittelschicht verschwindet." Roman Hebenstreit von der österreichischen Gewerkschaft vida schloss sich der Analyse an. „Wir haben durch die Liberalisierung eine Million Arbeitsplätze verloren und die Löhne der Beschäftigten sind gesunken.“

Roberto Parrillo, in der ETF zuständig für den Bereich Straße, warf der EU- Kommission vor, nicht mehr das Interesse der Allgemeinheit zu vertreten. Die Politik der Kommission, namentlich die von Verkehrskommissar Kallas, sei rein ideologisch und "hat nichts mehr mit der Lebenswirklichkeit der Menschen in Europa zu tun." Es gebe aber eine Alternative: den europäischen Weg der Solidarität.

Der EVG-Vorsitzende Alexander Kirchner fasste die Forderungen der in der ETF zusammengeschlossenen Gewerkschaften zusammen:

Eine Verkehrspolitik aus einem Guss, aus der ersichtlich wird, wie die Verkehrsträger miteinander vernetzt ihre Stärken ausspielen können

Mehr Geld für Forschung und Entwicklung

Eine ausreichende Infrastruktur. Sie ist derzeit z.T. massiv veraltet und es wird zu wenig Geld ausgegeben

Statt des Liberalisierungswahns eine offene Diskussion darüber, was die wirklichen Gründe positiver Entwicklungen sind. Liberalisierung, so Kirchner, „schafft nicht mehr Verkehr auf der Schiene, das sind ganz andere Treiber.“

Absicherung und Steigerung der sozialen Standards. Wenn es um die Liberalisierung gehe, so der EVG-Vorsitzende, „gibt die Kommission harte Muss-Vorschriften vor, wenn es um soziale Standards geht, dann nur weiche Kann-Vorschriften.“ Das müsse umgekehrt werden. „Die Menschen brauchen eine Absicherung, aber die Kommission kommt hier ihrer Verpflichtung nicht nach.“

Mehrere Redner kündigten weiteren Widerstand an, wenn die EU-Kommission ihren Kurs fortsetzen werde. "Wir sind für ein soziales Europa", fasste Guy Greivelding, Präsident der Sektion Eisenbahn der ETF zusammen. "Aber ein Europa des Kapitals brauchen wir nicht."