Die Corona-Pandemie hat auf viele unserer Lebensbereiche massive Auswirkungen. Sie hat uns auch viele Unzulänglichkeiten vor Augen geführt. Bei einer gemeinsamen Tagung von Gewerkschaft vida und AK Wien Fachausschuss Gesundheits- und Sozialberufe diskutierten wir darüber, welche Maßnahmen in der Pflege und Betreuung für die Zukunft notwendig sind. Darüber hinaus warfen wir ein Licht auf die LSBTIQ Pflege und Fortschritte in Österreich. Rund 200 heimische und internationale TeilnehmerInnen nahmen an der Veranstaltung im ÖGB- und Gewerkschaftshaus in Wien am 5. Mai 2022 teil.
Kritik an Regierung: Stillstand in der Pflegeform
Bei der Tagung übten Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida, und Erich Fenninger, Direktor der Volkshilfe Österreich und Vorsitzender der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ), Kritik an der Bundesregierung wegen des seit Jahren anhaltenden Stillstands in der Pflegereform. Die Bedingungen müssen sowohl für die zu pflegenden und zu betreuenden Menschen als auch für die Beschäftigten dringend verbessert werden, sonst droht das System zu kollabieren und ein Pflegenotstand würde eintreten. Zehntausende Beschäftigte drohen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten zu fehlen. Es müssen daher umgehend massiv mehr finanzielle Mittel und bezahlte Ausbildungsmöglichkeiten für die Beschäftigten zur Verfügung gestellt werden. Nicht zuletzt bedarf es auch angesichts der explodierenden Teuerung dringend mehr Wertschätzung in Form besserer existenzsichernder Ausbildungs- und Entlohnungsbedingungen für die Pflege-, Betreuungs- und Sozialberufe, forderten Roman Hebenstreit und Erich Fenninger.
Mehr Geld und Personal für die Pflege
Gerade die Corona-Pandemie habe auf viele unserer Lebensbereiche massive Auswirkungen gehabt und den Menschen viele Unzulänglichkeiten, aber auch wie systemrelevant die rund 400 Mitgliedsbetriebe und -vereine des SWÖ samt den darin über 100.000 Beschäftigten für die Menschen sind, vor Augen geführt, waren sich Fenninger und Hebenstreit bei der Veranstaltung einig.
„Es ist mir völlig unverständlich, dass die Politik noch immer nicht reagiert und noch immer nicht mehr Mittel für Arbeits- und Ausbildungsplätze bereitstellt.“
Erich Fenninger, Volkshilfe-Direktor und SWÖ-Vorsitzender
Denn derzeit sei es so, dass sich am Beruf Interessierte die Ausbildung selbst finanzieren müssten. „Das muss sich erst einmal jemand leisten können. Aber auch die Betriebe selbst müssen mit mehr finanziellen Mitteln ausgestattet werden, um sich für ihre Beschäftigten eine bessere Bezahlung leisten zu können. Die angekündigte Pflegereform und die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel müsse daher endlich in die Gänge kommen“, fordert der SWÖ-Vorsitzende.
„Pflege und Betreuung sind ein Menschenrecht. Jeder Mensch hat seine Würde. Unabhängig davon, in welchem körperlich-geistig-seelischen Zustand er sich befindet, muss diese Würde garantiert sein“, betont Roman Hebenstreit. Der vida-Vorsitzende fordert daher auch die Etablierung einer österreichweiten evidenzbasierten Personalbedarfsberechnung und verbindliche Kriterien für die Personaleinsatzplanung als Sofortmaßnahme. Denn Beschäftigte sollten keine psychisch und physisch stark belastenden Nachtdienste mehr allein leisten müssen.
„Bei allen Herausforderungen in den Pflege- und Betreuungsberufen muss für die Beschäftigten ein gutes Leben ohne finanzielle Sorgen möglich sein. Und schließlich müssen diese für die Gesellschaft und die Menschen unersetzlichen und wertvollen Berufe auch Freude machen.“
Roman Hebenstreit, Vorsitzender Gewerkschaft vida
Pflege unter dem Regenbogen
Die Tagung warf auch ein Licht auf die Situation der Pflege und Betreuung von Menschen aus dem Bereich LSBTIQ. Der deutsche Diplom Sozialwissenschaftler Markus Schupp betonte, dass sich auf Pflege und Betreuung angewiesene Menschen aus dem Bereich LSBTIQ insbesondere in der Altenpflege vielfach auch aufgrund mangelnden Wissens oder nicht entsprechender Ausbildung des Personals Diskriminierungen aussetzen müssten. Um dem vorzubeugen, fordert Schupp, dass die Thematik der sexuellen und geschlechtlichen Vielfältigkeit in die Ausbildung einfließen müsse, damit es zu einer entsprechenden Sensibilisierung des Personals hinsichtlich LSBTIQ kommt. Aber auch mit einfachen Mitteln könne hier Abhilfe geschaffen werden, berichtete Schupp von konkreten Versuchen in Deutschland wie dem Anbringen von Regenbogen-Aufklebern an den Türen. „Das kann bereits zu einem respektvollen gemeinsamen Umgang beitragen“, so Schupp.
Gemeinsam stark
Gerade in der Corona-Krise hat sich gezeigt, wie wichtig Zusammenhalt und Solidarität sind. Seite an Seite mit unseren Mitgliedern und BetriebsrätInnen kämpfen wir als Gewerkschaft vida für Gerechtigkeit und ein gutes Leben für alle! Gemeinsam sind wir noch stärker! Hilf auch du mit!