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Gewerkschaft vida: Anpacken statt jammern für Tourismus-Beschäftigte

vida-Tusch: „Verbale Angriffe aus Tirol wenig hilfreich“.

„Die lautstarke Empörung aus dem Tiroler Zillertal hat mich auch hier in Wien erreicht und gerne ergreife ich die Chance, einiges klarzustellen“, reagiert Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus in der Gewerkschaft vida, auf das Interview einer Tiroler Wirtin in einer österreichischen Tageszeitung. „Es tut mir leid, wenn Frau Fankhauser das Aufzeigen der Probleme im Hotel- und Gastgewerbe als ‚Tiefschlag‘ empfindet, aber die Gewerkschaft vida kann und wird nicht aufhören, darauf hinzuweisen, was im Tourismus schief läuft. Für uns stehen die ArbeitnehmerInnen im Mittelpunkt. Natürlich ist auch mir nicht entgangen, dass die Probleme seit Jahren dieselben sind. Das liegt offenbar daran, dass die Branche nicht bereit ist, sich zu ändern“, stellt der vida-Gewerkschafter klar.

Vorbildliche Arbeitgeber leider die Ausnahme

„Ich stehe nicht an, Applaus zu spenden, dass Frau Fankhauser ihre MitarbeiterInnen offensichtlich weit über dem Kollektivvertrag entlohnt und ihnen kostenlosen Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung stellt. Damit ist sie aber die Ausnahme und nicht die Regel. Schön wäre es, wenn Frau Fankhauser ihren UnternehmerkollegInnen als gutes Beispiel dient, statt Probleme zu leugnen und Kritik auszuteilen, die niemandem weiterhilft, schon gar nicht den Beschäftigten denen es nicht so gut geht wie Frau Fankhausers Abwäscher. Die Wirtin hat sehr richtig erkannt, dass es im Tourismus schwarze Schafe gibt. Wie wäre es, wenn man diese aus dem Stall wirft? Übrigens darf ich Frau Fankhauser versichern, dass ich des Googlens und auch des Bedienens eines Computers mächtig bin. Das hilft mir auch ungemein beim Lesen meiner E-Mails: Leider landen pro Woche zig Beschwerden von Beschäftigten in meinem Posteingang, die die Gewerkschaft vida um Hilfe bitten. Illegale Überstunden, unterschlagene Trinkgelder oder Mobbing sind nur einige der Probleme“, so Tusch.

Für die Beschäftigten im Einsatz

„Mit Staunen nehme ich den Vorwurf bzw. die Unterstellungen ihres Sohnes Alexander zur Kenntnis. Dass ich in einem Bürosessel sitze und von der ‚Realität keine Ahnung‘ habe, bleibt dennoch blanker Unsinn. Ich bin gelernter Restaurantfachmann und in meiner Funktion als Gewerkschafter und Zentralbetriebsrat der Austria Trend Hotels im ganzen Land unterwegs, um mich für die Beschäftigten im Hotel- und Gastgewerbe einzusetzen. Bei Betriebsbesuchen sehe ich sehr wohl wie die Arbeitswelt der ArbeitnehmerInnen tatsächlich aussieht. Ja, Beschäftigte im Hotel- und Gastgewerbe müssen arbeiten, wenn andere frei haben. Das ist auch in Ordnung – aber auch hier müssen Dienstpläne mit Maß und Ziel gestaltet werden! Planungsunsicherheit gepaart mit einer unzureichenden Bezahlung schafft keine ausgewogene Work-Life-Balance. Keine Frage: Es gibt auch viele tolle Betriebe. Das kann aber nicht das Argument dafür sein, dass Unternehmer, die ihr Personal schlecht behandeln, einfach so hingenommen werden. Wo ich mit den Tiroler Wirten auf einer Linie liege, ist die Frage der Allergenverordnung. Es braucht Verordnungen, die mehr Sinn machen. Hier bieten wir uns als kompetenter Partner für Lösungen an.

Anreize für Nachwuchs schaffen

„Wie von der Familie Fankhauser richtig erkannt, wird die Suche nach Fachkräften bzw. Nachwuchs immer schwieriger. Dass Jugendliche laut der Tiroler Wirtin nicht mehr Koch oder KellnerIn, sondern Manager werden wollen, ist für mich jedoch leicht erklärt. Im Hotel- und Gastgewerbe bekomme ich im dritten Lehrjahr 850 Euro, im Handel 1.020 Euro und habe bessere Arbeitszeiten, warum sollte ich Koch werden? Ein ausgelernter Koch verdient in Kärnten rund 1.475 Euro, in Salzburg 1.480 Euro. Der Mindestlohn im Hotel- und Gastgewerbe beträgt derzeit 1.420 Euro. Dass sich hier Menschen nicht anstellen, um diese Berufe zu ergreifen, kann wohl jeder nachvollziehen. Mit diesem Einkommen gibt es kaum ein Auskommen. Ich gratuliere Alexander Fankhauser zu seiner tollen Karriere, aber nicht jeder hat das Glück, TV-Koch zu werden und hohe Gagen zu kassieren“, sagt Tusch.

Kräfte bündeln

„Abschließend kann ich Frau Fankhauser und ihrem Sohn versichern, dass ich mit ganzer Kraft an der Genesung der Branche arbeite. Ich werde auch in Zukunft bessere Entlohnung und bessere Rahmenbedingungen einfordern und an der Umsetzung aktiv mitarbeiten. Neue Lösungsansätze, um die Branche aus dem Jammer- und Empörungstal zu holen, erwarte ich mir auch von unserem großen Tourismusgipfel diese Woche“, so der vida-Gewerkschafter.