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ÖBB Postbus: Gewerkschaft kritisiert Fernbuslinien-Vergabe an Billigstbieter massiv

vida-Delfs: Angebot und fragwürdige Entscheidung - Qualitätskontrolle unterziehen – Bestbieterprinzip-Vorgaben der ÖBB-Holding völlig missachtet.

Massive Kritik an der Vergabe eines Teils der neuen ÖBB Postbus-Fernbuslinien „Hellö“ nach dem Billigstbieterprinzip übt die Gewerkschaft vida. „Damit werden Sozial- und Qualitätskriterien für die Beschäftigten Schritt für Schritt ausgehebelt, obwohl das Postbus-Management gemeinsam mit vielen anderen Busunternehmungen und der Gewerkschaft vida schon vor einigen Jahren ein Sozialpartnerpapier unterzeichnet hat, in dem sich auch die Postbus-Spitze zu Ausschreibungen ausschließlich nach dem Bestbieterprinzip sowie zur Verankerung von Sozial- und Qualitätskriterien bekannt hat“, sagt Karl Delfs, Bundesfachsekretär des vida-Fachbereichs Straße.

„Mit dieser unverantwortlichen Vorgangsweise für ein staatliches Unternehmen, das eigentlich Vorbildwirkung haben sollte, fällt der Postbus tausenden in der Branche beschäftigten BuslenkerInnen bei den Arbeits- und Sozialbedingungen in den Rücken“, ist Delfs empört. Offensichtlich habe der Postbus-Aufsichtsrat Vereinbarungen und Prinzipien im Sinne der Beschäftigten „klammheimlich über Bord geworfen“ und „auf Wettbewerb um jeden Preis auf dem Rücken der Beschäftigten“ gesetzt, so Delfs weiter. „Diese Vorgangsweise des Postbusmanagements und Aufsichtsrats widerspricht damit völlig den Vorgaben der ÖBB-Konzernholding, die sich zu Ausschreibungen nach dem Bestbieterprinzip mit Sozial- und Qualitätskriterien bekennt.“

„Das Angebot des Billigstbieters sowie die bedenkliche Vergabeentscheidung müssen einer Qualitätskontrolle unterzogen werden“, fordert der Gewerkschafter. „Dem Postbus-Eigentümer ÖBB PV AG ist zudem nahezulegen, die Zusammensetzung des Postbusaufsichtsratsgremiums dahingehend zu prüfen, ob die Akteure in diesem Gremium auch über die für ihre Tätigkeit unabdingbare nötige Sensibilität und Sorgfalt sowie über das entsprechende Fachwissen verfügen. Sollten hier Defizite ans Licht kommen, gehören personelle Konsequenzen gezogen“, betont Delfs. „Absolut unverständlich“ ist für den Gewerkschafter auch, warum hier die bestehende Möglichkeit der Direktvergabe nicht genutzt wurde?

„Wenn dem Vernehmen nach sogar die tschechische Postbustochter, das Busunternehmen CSAD, mit ihrem niedrigeren Lohnniveau bei der Ausschreibung mit dem Ausschreibungsgewinner, dem Wiener Busunternehmen Gschwindl, nicht mithalten konnte, dann sollte man das Angebot auf alle Fälle einer genauen Qualitätskontrolle unterziehen, um jeglichen Zweifel an der Vergabeentscheidung ausräumen zu können“, verlangt Delfs.

Billigstbieterprinzip sollte für Postbus ein Tabu sein – Appell an Gesetzgeber

„Es geht nicht an, dass ein staatliches Unternehmen wie der Postbus hier offensichtlich bewusst bei Ausschreibungen Rahmenbedingungen erstellt, die bewirken, dass die Sozialdumping-Spirale für die gesamte Branche noch weiter nach unten getrieben wird“, warnt Delfs. „Für ein Unternehmen im Besitz  der öffentlichen Hand, also von uns allen, sollten solche Vorgangsweisen ein Tabu sein“, bekräftigt der Verkehrsgewerkschafter.

Die Vorfälle im Zuge der Postbus-Vergabe an den Billigstbieter zeigten einmal mehr, wie wichtig es in der Frage von Ausschreibungen durch die öffentlichen Hand sei, sich endlich zu konkreteren gesetzlichen Bestimmungen durchzuringen, appelliert Delfs an den Gesetzgeber, endlich am sich derzeit in Umsetzung befindlichen Bundesvergabegesetz festzuhalten, dass bei Ausschreibungen von Verkehrsdienstleistungen das Bestbieterprinzip angewendet werden müsse.

„Jeder Tag, der hier länger zugewartet wird, und jede weitere Billigstbieterausschreibung kosten uns qualifizierte Arbeitsplätze in Österreich. Das Billigstbieterprinzip treibt die gesamte Busbranche in den Niedriglohnsektor. Bei den Kosten von Busdienstleistungen beträgt der Personalkostenanteil rund 60 Prozent. Insofern ist es nicht schwierig zu erkennen, wer die Zeche für Preisdumping in der Branche zu tragen hat. Geht es nach den Verfechtern des Billigstbieterprinzips bei Ausschreibungen, sind dies immer die FahrerInnen“, kritisiert Delfs.