vida

Gewerkschaft vida: Hätte Bahnunglück von Bad Aibling verhindert werden können?

Hebenstreit kritisiert systemische Sicherheitsmängel - einheitliche Ausbildungskriterien im Eisenbahnwesen gefordert.

„Wieder einmal heißt es ‚den Letzten beißen die Hunde‘, während über offenkundige Mängel im System nicht diskutiert wird“, kritisiert Roman Hebenstreit, Vorsitzender des Fachbereichs Eisenbahn in der Gewerkschaft vida und ÖBB-Konzernbetriebsratsvorsitzender, die Berichte zum Zugunglück in Bad Aibling. Dem Fahrdienstleiter hier die alleinige Verantwortung für das tragische Unglück mit elf Todesopfern umzuhängen, sei völlig verfehlt. „Hier müssen auf jeden Fall die systemischen und organisatorischen Mängel im System mit betrachtet werden“, betont Hebenstreit.

„Seitens der Unternehmen müssen alle technischen und organisatorischen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, die eine derartige Kaskade von Fehlern unmöglich machen“, so der vida-Gewerkschafter weiter. Ein derartiges Prozessversagen hätte bei laufenden Überprüfungen auffallen müssen. Durch bessere Rahmenbedingungen und Kontrollen hätte die Katastrophe möglicherweise verhindert werden können, vermutet Hebenstreit. In Österreich habe das BMVIT mit der Einführung einer verkehrsträgerübergreifenden Sicherheitsbehörde gegengesteuert. Zudem werden die Arbeitsplätze laufend auf ihre Anforderungen evaluiert. Beim Vorfall in Bad Aibling sei fraglich, ob die Verantwortlichen diese Überprüfungen durchgeführt haben.

Es gehe jedoch nicht um Schuldzuweisungen, sondern um die Sicherheit von Fahrgästen und Personal, betont Hebenstreit. Derartige Systemmängel seien nicht nur ein innerdeutsches Problem: „Durch den grenzüberschreitenden Verkehr sind auch zahlreiche österreichische KollegInnen im deutschen Streckennetz unterwegs“, erinnert der vida-Gewerkschafter. Sowohl die Politik als auch die Behörden auf nationaler und europäischer Ebene seien nun gefordert, für mehr Sicherheit im Eisenbahnwesen zu sorgen. „Derartige systemische Sicherheitsmängel untergraben nachhaltig das Vertrauen in den Schienenverkehr“, so Hebenstreit.Einheitliche Ausbildungsstandards gefordertOb bei technischen Überprüfungen, in den Fahrdienstleitungen oder bei TriebfahrzeugführerInnen – jedes Land in Europa habe eigene Regelungen bei den Ausbildungen des Eisenbahnpersonals. „Wir können uns im grenzüberschreitenden Verkehr also niemals hundertprozentig sicher sein, in welcher Qualität und in welchem Umfang die KollegInnen ausgebildet wurden“, warnt Hebenstreit.

Das Eisenbahnwesen ist ein industrialisiertes Verkehrssystem, bei dem die Tätigkeiten und Handlungen vieler Menschen arbeitsteilig ineinanderwirken. „Ich will mich auch im Ausland auf das Know-how meines Gegenübers restlos verlassen können“, erklärt Hebenstreit und erneuert daher seine Forderung nach einer europaweit einheitlichen Ausbildung von sicherheitsrelevanten Eisenbahnberufen: „Wir müssen diesen Flickenteppich an nationalen Regelungen endlich beseitigen und europäische Standards in der Ausbildung schaffen“. Diese müssen sich klarerweise am höchsten Niveau orientieren. Österreich nimmt mit der Eisenbahn Eignungs- und Prüfungsverordnung (EisbEPV) eine Vorreiterrolle ein, eine vergleichbare Reglung durch die europäische Kommission muss das Ziel für Europa sein, so Hebenstreit abschließend.