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112 Tage keine Pension für Frauen im Vergleich mit Männern: Equal Pension Day in Wien am 9. September

Teuerung verschärft Altersarmut bei Frauen zusätzlich – AK und Gewerkschaft vida: Einkommens- und Pensionslücken endlich schließen!

Am 9. September ist in Wien Equal Pension Day. Das ist jener Tag, an dem Männer schon so viel Pension bekommen haben, wie Frauen erst am Jahresende haben werden. 112 Tage im Jahr bekommen Frauen im Vergleich mit Männern keine Pension. Die Lücke zwischen Frauen- und Männerpensionen beträgt fast 31 Prozent (bundesweit sind es 41 Prozent). Zwischen 1997 und 2022 hat der Gender Pension Gap von 46,4 auf 41,1 Prozent abgenommen, machten die Frauenabteilung der Gewerkschaft vida und die AK Wien heute darauf aufmerksam, dass der Schluss der geschlechtsspezifische Pensionslücke ohne weitere Maßnahmen mit der derzeitigen Geschwindigkeit noch etwa 106 Jahre dauern werde. „Das ist völlig inakzeptabel, die Bundesregierung kann nicht länger zusehen, wie die Altersarmut zunimmt“, fordert Olivia Janisch, Bundesfrauenvorsitzende der Gewerkschaft vida, die Bundesregierung auf, endlich Maßnahmen zu ergreifen. Denn aktuell wirke sich die Rekordinflation (gut 9 Prozent) auf Frauen mit geringen Pensionen noch zusätzlich verschärfend auf ihre Lebensumstände aus.

Die Zahlen sprechen für sich: Im Jahr 2021 waren laut Statistik Austria rund 232.000 Menschen über 65 Jahren von Armut oder Ausgrenzung betroffen – 157.000 bzw. zwei Drittel davon sind Frauen. „Wir brauchen daher dringend mehr existenzsichernde Frauenpensionen“, so Janisch weiter. Dazu bedürfe es u.a. eines Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung für jedes Kind ab dem 1. Geburtstag sowie besserer und längerer Anrechnung von Kindererziehungszeiten. Zudem müssten auch Beschäftigte in Gesundheits- und Pflegeberufen, bei Eisenbahnen sowie in der Reinigung und in vielen anderen Dienstleistungsberufen aufgrund hoher körperlicher und physischer Belastungen im Beruf in Schwerarbeitspension gehen können.

„Frauen mit weniger Einkommen sind stärker von der hohen Teuerung betroffen“, fordert Janisch von der Bundesregierung endlich nachhaltige Entlastungen u.a. durch Preissenkungen und Investitionen im öffentlichen Mobilitätsbereich, eine Sondersteuer auf Übergewinne der Energieunternehmen sowie eine Preiskommission „mit Biss“, die zur Senkung der Lebensmittelpreise auch in die Preisgestaltung eingreifen kann, anstatt „schnell verpuffende Gutscheinaktionen“ ein.

vida-Rychly: Frauen arbeiten teilweise unfreiwillig in Teilzeit

„Die Einkommensschere bei den Pensionen ist die Summe einer endlos langen Liste an Nachteilen von Frauen, die sie ihr ganzes Leben lang bis ins Alter begleitet“, sagt Yvonne Rychly, Wiener Landesfrauenvorsitzende der Gewerkschaft vida. Viele Frauen arbeiten in systemrelevanten Berufen, etwa in der Pflege, in der Reinigung, im Einzelhandel, in der Kinderbetreuung. „Die Bezahlung der gesellschaftlich notwendigen Arbeit von Frauen entspricht aber nicht ihrem Wert, wird schlecht bezahlt, ist oft mit belastenden Arbeitsbedingungen verbunden und wird nur in Teilzeit angeboten. Das heißt, Frauen arbeiten teilweise unfreiwillig in Teilzeit, weil sie keine Wahlmöglichkeit haben“, erläutert Rychly.

Nur jede zweite Frau wechselt direkt aus Beschäftigung in Pension. Vielfach liegt das an den Arbeitsbedingungen aber auch an Familiengründungen: Väterkarenz ist zwar seit mehr als 30 Jahren gesetzlich in Österreich verankert, aber nur ein Prozent der Männer geht mehr als sechs Monate in Karenz. „Auch das noch immer unzureichende Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen und Pflegemöglichkeiten ist eine Riesenbarriere für gleichberechtigte Arbeitsmarktchancen. Betreuung wird zur Privatangelegenheit erklärt und als unbezahlte Arbeit auf Frauen abgeschoben“, fordert die vida-Gewerkschafterin die Schaffung besserer Angebote.

Rychly fordert auch einen flächendeckenden Ausbau von Gratis-Kinderbetreuungsangeboten in ganz Österreich nach dem Vorbild Wiens. Auch bei den Öffnungszeiten muss nachgebessert werden. „Kinderbetreuung muss nicht nur leistbar sein, Kindergärten müssen auch über entsprechend ausgeweitete Öffnungszeiten verfügen, die mit den Arbeitsrealitäten im Einklang stehen, um eine Vollzeitbeschäftigung beider Elternteile zu ermöglichen“, fordert Rychly.

AK-Mader: Frauen in Österreich arbeiten heuer 63 Tage „gratis“

„Das vorgelagerte Problem bei den Frauenpensionen sind niedrige Fraueneinkommen, wie die Daten zum Equal Pay Day ausweisen“, erklärt AK-Expertin Katharina Mader. Die Ökonomin und Referentin in der Abteilung Frauen und Familie in der AK Wien rechnet vor, dass in Österreich heuer am 30. Oktober 2022, am bundesweiten Equal Pay Day, die Männer bereits jenes Einkommen erreicht haben, wofür Frauen noch bis zum Jahresende arbeiten müssen. Österreichs Frauen arbeiten heuer also 63 Tage „gratis“.

Mit den Einkommenszahlen aus dem Pandemiejahr 2020, die für den Equal Pay Day des aktuellen Kalenderjahres 2022 verwendet werden, zeigt sich – ähnlich wie bei der letzten Krise 2009 – eine deutliche Verkleinerung des prozentuellen Einkommensunterschiedes und eine Verschiebung bzw. Verbesserung des Equal Pay Days. Dies ist vor allem auf die COVID-bedingten Entwicklungen am Arbeitsmarkt sowie Beschäftigungsstruktureffekte zurückzuführen, von denen man sich nicht täuschen lassen dürfe.

Betrachte man die Einkommensschere der Geschlechter nach beruflicher Stellung, zeige sich, dass bei den ArbeiterInnen der Einkommensunterschied mit 25 Prozent am größten ist – hier ist gleichzeitig auch der Rückgang der Schere zum Vorjahr am geringsten. Außerdem zeigt sich hier der größte Rückgang an ganzjährig Vollzeitbeschäftigten, während etwa bei den Angestellten ein leichtes Plus zu verzeichnen ist. „Im ersten Pandemiejahr waren vor allem die unteren Einkommensschichten und die Branchen mit geringen Einkommen stark von Jobverlust und Einkommenseinbußen betroffen“, sieht auch AK-Expertin Mader Handlungsbedarf, vor allem Frauen im unteren Einkommenssegment zu mehr Einkommen zu verhelfen.