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Personalmangel im Tourismus: Arbeitgeber mit Bundesregierung weiter am Holzweg

vida-Tusch: AK „serviert Fakten zur Misere“ und bestätigt Gewerkschaftsforderung, dass die Arbeitsbedingungen verbessert werden müssen

„Die Arbeitgeber im Tourismus in Österreich dürfen sich nicht wundern, wenn sie keine Mitarbeiter finden. Auch der Arbeitsmarkt ist ein Markt, der von Angebot und Nachfrage lebt. Sind die Arbeitgeber nicht bereit, das Angebot zu verbessern, bleibt die Nachfrage seitens Arbeitsuchender aus“, sieht Berend Tusch, Vorsitzender des Fachbereichs Tourismus der Gewerkschaft vida, die Arbeitgeber und die Bundesregierung weiter am Holzweg. Das hätten auch die Ausführungen von Arbeitsmarktexpertin Silvia Hofbauer heute, Donnerstag, bei einer Pressekonferenz der Arbeiterkammer Wien zum Thema bestätigt, so Tusch.

AK-Expertin Hofbauer betonte, dass die Branche darüber klage, offene Stellen nicht besetzen zu können. Statt aber die Arbeitsbedingungen und Löhne attraktiver zu machen, setzen die Betriebe verstärkt darauf, Arbeitskräfte aus Drittstaaten anzuwerben. „Und das Tragische und gleichzeitig Verhöhnende für Arbeitsuchende im Land, die gestrige Entscheidung der Bundesregierung, das Saisonierkontingent von 2000 auf 3000 Personen zu erhöhen, befeuert diese Haltung noch zusätzlich. Arbeitsminister Kocher macht sich damit zum Steigbügelhalter für die Wirtschaft, die nicht und nicht verstehen will, dass es die Arbeitsbedingungen sind, welche die Kolleginnen und Kollegen davon abhalten, in das Hotel- und Gastgewerbe zu gehen oder dorthin zurückzukehren“, so Tusch.

Die AK-Expertinnen Silvia Hofbauer und Bianca Schrittwieser führten im Rahmen der Pressekonferenz weiter aus, mit welchen durch die Arbeitsbedingungen verursachten Schieflagen Beschäftigte zu Beratungsterminen in die AK kommen würden. Ein häufiges Anliegen dabei sei, dass Löhne nicht rechtzeitig, nicht in der richtigen Höhe oder gleich gar nicht ausbezahlt wurden. In manchen Fällen haben ArbeitnehmerInnen kein Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld erhalten. Mehr als einem Drittel wurden keine Überstunden bezahlt. 12 von 100 haben für Urlaub und Krankenstand gar kein Entgelt bekommen. Jede/r Vierte hat Bar- bzw. Schwarzzahlungen erhalten.

„Welcher potenziell am Tourismus interessierte Beschäftigte oder Arbeitsuchende will in einer Branche arbeiten, aus der er so etwas hört?“, fragt Tusch und betont, dass es sich hierbei nur um die Spitze des Eisberges handelt. „Die Dunkelziffer ist sicher noch deutlich höher. Aber es ist zu befürchten, dass die Arbeitgeber weiterhin jammern und stattdessen lieber bei den Freunden in der Bundesregierung anrufen, um noch leichter auf ausländische Arbeitskräfte zurückgreifen zu können. Es kann ja nicht ernsthaft der einzige Lösungsansatz der Arbeitgeber-Vertreter sein, ständig auf ausländische Billig-Arbeitskräfte zu schielen, die für wenig Geld bereit sind, alles zu tun. So darf es schlichtweg nicht weitergehen“, stellt Tusch klar. Ein Ausweg sei im Übrigen die von der Gewerkschaft vida bereits mehrfach präsentierte Tourismuskasse (TUK). „Die Arbeitgeber-Vertreter haben aber bisher konsequent abgewunken, was zeigt, dass sie nur daran interessiert sind, die unfairen Arbeitsbedingungen zu sichern“, so Tusch. Dabei würde die Tourismuskasse einerseits zur deutlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen beitragen sowie für mehr Stabilität sorgen und andererseits auch finanziellen Druck von den Arbeitgebern zum Beispiel hinsichtlich Rückstellungen für Urlaubstage nehmen.

Für den vida-Gewerkschafter zeige sich seit Jahren ein deutliches Bild, was die Branche wirklich braucht, um zukunftsfit zu sein. „Es ist beeindruckend schockierend, wenn man von der Arbeiterkammer die Fakten zur Misere und die dazu passenden Schicksale von Beschäftigten serviert bekommt“, so Tusch. Vollzeitarbeit müsse ein gutes Leben ermöglichen – dies sei im Tourismus derzeit zumeist nicht der Fall – Gründe sind unter anderem die nicht planbare Freizeit und nicht haltende Dienstpläne.

„Der vielbejammerte Fachkräftemangel existiert nicht. Wir haben vielmehr einen Ausbildungs- und Bezahlmangel in der Branche“, stellt der vida-Gewerkschafter fest: „Wenn nicht ausgebildet, mit den Kolleginnen und Kollegen nicht korrekt umgegangen wird und auch nicht fair bezahlt wird, kann es auch keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Branche geben. Wir laden die Vertreter der Wirtschaftskammer ein, gemeinsam an einem Paket zu arbeiten, bei dem sich die Menschen wieder darum reißen, im österreichischen Tourismus zu arbeiten.“