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vida-Hebenstreit zu Arbeitsmarkt: Billigarbeitskräfteimport löst keine Probleme

Nicht Mindestsicherung kürzen, sondern Löhne kräftig anheben und Rahmenbedingungen in einzelnen Branchen verbessern

„In der Bundesregierung erkennt man, dass der Import von Billigarbeitskräften keine dauerhafte und nachhaltige Lösung für die Probleme des österreichischen Arbeitsmarkts sein kann“, stellt Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida zum heute von der Regierung im Ö1-Morgenjournal für Mitte September angekündigten Job-Gipfel zur Senkung der Arbeitslosigkeit fest. „Auch wenn die Regierung diese Maßnahme mit dem Deckmantel ‚Fachkräfteverordnung‘ vor der Bevölkerung verbirgt, erscheint sie trotzdem durchschaubar und dreist, dient sie doch alleine dem Drücken von Löhnen.“

„Was in Österreich fehlt, sind keine weltweit rar gesäten ExpertInnen, sondern es fehlt an – teils auch in großer Zahl – stark nachgefragten Berufen wie u.a. KöchInnen und anderen Restaurantfachkräften, LokführerInnen, Kranken- und PflegbetreuerInnen. Für diese Berufe gibt es in Europa genug qualifizierte Ausbildungen und auch Ausbildungsmöglichkeiten. Wie kann die Regierung da überhaupt von einem Fachkräftemangel sprechen? Wieso will sie hierfür die Rot-Weiss-Rot-Card auf Lehrlinge aus Drittstaaten ausdehnen?“, fragt Hebenstreit. 

Einerseits weisen Menschen in Österreich entsprechende Qualifikationen für diese stark nachgefragten Berufe auf. Sie wollen aber aufgrund von schlechter Rahmenbedingungen in diesen Branchen nicht mehr arbeiten. „Daher muss man genau an dieser Stelle ansetzen, die Rahmenbedingungen sowie insbesondere die Löhne verbessern und nicht permanent an den Symptomen herumdoktern“, fordert der vida-Vorsitzende. 

„Andererseits haben viele ArbeitnehmerInnen kein Interesse an Ausbildungen in gewissen Branchen, da sie schlechte Bedingungen bei Bezahlung, Arbeitszeiten und Aufstiegsmöglichkeiten erwarten. Es zahle sich „schlicht und ergreifend nicht aus“, sich Qualifikationen in solchen Branchenberufen anzueignen. „Nicht mit dem Kürzen von Mindestsicherungen, sondern nur mit höheren Löhnen sowie kürzeren und familienfreundlicheren Arbeitszeiten ist das in den Griff zu kriegen“, betont Hebenstreit: „Daran wird auch ein von der Wirtschaftskammer für morgen zur Präsentation angekündigter Fachkräfte-Radar für Österreich nichts ändern können.“

„Jegliche Lohnersatzleistung wie Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Mindestsicherung muss zumindest die Basisbedürfnisse wie Wohnen und Essen abdecken. Sonst werden die Menschen in die Bettelei und Kriminalität getrieben. Unter diesem Gesichtspunkt ist bei Kürzungsmöglichkeiten für die Mindestsicherung gerade bei jungen Menschen der Boden weitestgehend erreicht. Will man daher den Abstand zwischen Mindestsicherung und Löhnen mit Beschäftigung vergrößern, müssen die Löhne kräftig angehoben werden“, bekräftigt Hebenstreit.

Insbesondere den Regierungsparteien und der Wirtschaftskammer als Anhängerinnen des freien Marktes müsste bewusst sein, dass das Prinzip Angebot und Nachfrage auch für den Arbeitsmarkt gelte: „Werden Berufe von ArbeitnehmerInnen nicht nachgefragt, so muss klarerweise das Angebot an sie verbessert werden“, so Hebenstreit. Oder will die Wirtschaftsseite hier von ihrer sonst in den Himmel gelobten Marktgläubigkeit Abstand nehmen? Nachdem bei Pleite-Banken die marktwirtschaftlichen Prinzipien über Bord geworfen wurden, um sie künstlich am Leben zu erhalten, würde so ein Schritt am Arbeitsmarkt durchaus dieser unsinnigen rechtskonservativen Logik folgen“, so Hebenstreit abschließend.