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vida-Hebenstreit zu Arbeitnehmerschutz: Wirtschaftsminister kehrt in Realität zurück

73 Tote im Jahr 2015 durch Arbeitsunfälle: Mitterlehner darf Unternehmen bei Verstößen gegen den Arbeitnehmerschutz nicht länger die Stange halten.

Es sei zu begrüßen, dass Vizekanzler, Wirtschaftsminister Mitterlehner, „die Debatte über den ArbeitnehmerInnenschutz nun offenbar wieder versachlichen will und dabei von der virtuellen Facebook-Welt in die Realität zurückkehrt“, kommentiert Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida, das heute von Mitterlehner angekündigte Reformgespräch über das Thema Arbeitnehmerschutz. „Der heutigen Presseaussendung des Wirtschaftsministers ist zwar nichts Konkretes zu entnehmen. Ich gehe aber davon aus, dass zu diesen Gesprächen auch die ArbeitnehmervertreterInnen eingeladen sind. Sonst wäre dies eine Brüskierung von über 3,5 Millionen unselbständig Beschäftigten in Österreich“, so Hebenstreit.

„Im Jahr 2015 waren 73 Tote durch Arbeitsunfälle zu beklagen. Das sind 1,5 Tote pro Woche durch Arbeitsunfälle, die bei Einhaltung von ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen vermeidbar gewesen wären“, unterstreicht Hebenstreit die Bedeutung des ArbeitnehmerInnenschutzes und die Tätigkeit der Arbeitsinspektorate. Mängel bei der Aufzeichnungspflicht von Arbeitszeiten, seien immer zum Schaden der ArbeitnehmerInnen ausgefallen. „Vor allem im Verkehrs- und Transportbereich wird bei Aufzeichnungen oft Schindluder betrieben“, hält der vida-Gewerkschafter fest. „Es ist deshalb befremdend, wie ein Minister Unternehmen, die sich nicht um die Einhaltung von Gesetzen kümmern, noch die Stange halten kann. Vielmehr sollten Minister jener großen Mehrheit der Betriebe, die gesetzeskonform und fair am Markt agiert, eine Bühne bieten“, sagt Hebenstreit.

Es dürfe seitens des ÖVP-Wirtschaftsflügels bei der Diskussion um die Arbeitszeit nicht länger so getan werden, als ob in Österreich Unternehmen reihenweise keine Aufträge mehr erfüllen könnten und in den Ruin getrieben würden, weil angeblich die Arbeitszeiten und der ArbeitnehmerInnenschutz zu streng geregelt seien, appelliert der vida-Vorsitzende. „Nicht einmal ein konkretes Beispiel konnte bisher dafür genannt werden. Würde aber der ArbeitnehmerInnenschutz flächendeckend eingehalten, wäre es kaum zur hohen Opferzahl von insgesamt 156.000 im Jahr 2015 gekommen. Die Wirtschaftskammer wird sicherlich mit mir einer Meinung sein, dass jedes Unfallopfer eines zu viel ist?“, gibt Hebenstreit zu bedenken.

„Was soll zudem eine von der ÖVP-Wirtschaftsseite geforderte sanktionslose Beratung für Unternehmen bringen? Rechtsbrecher sind mit unverbindlichen Beratungsgesprächen nicht zur Räson zu bringen. Die Vorstellungen des Wirtschaftsministers würden dann - umgelegt auf den Straßenverkehr - wohl bedeuten, dass es künftig statt Radarstrafen nur mehr Beratungsgespräche bei Geschwindigkeitsübertretungen geben soll?“, fragt sich der Gewerkschafter.

Derzeit liege die Abschaffung der Überstundenzuschläge durch Arbeitszeitflexibilisierung, die Gefährdung von ArbeitnehmerInnen durch Aushöhlung des ArbeitnehmerInnenschutzes, sowie die Beschneidung der Tätigkeit der ArbeitsinspektorInnen am Tisch des Wirtschaftsministers. Mit letzterem solle den Beschäftigten offenbar eine effiziente Behörde, die Missstände wirksam abstellt, gestrichen werden. „Für eine Wirtschaftspolitik ‚Made in Austria‘ ist das alles zusammen wahrlich kein Aushängeschild“, kritisiert Hebenstreit.

 

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