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Herbstlohnrunden: „Harte Auseinandersetzung“

vida-Vorsitzender im "Presse"-Interview über den Einsatz der Gewerkschaft.

„Es wird eine harte Auseinandersetzung“, kündigt vida-Chef Roman Hebenstreit angesichts der seit Monaten explodierenden Teuerung zu den bevorstehenden Lohnrunden zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern im Interview mit der Tageszeitung „Die Presse“ (Printausgabe vom 30.8.2022) an: Lohnabschlüsse unter der Inflation wird es keine geben, Einmalzahlungen werden nur "obendrauf" akzeptiert.

Anti-Teuerungs-Maßnahmen verpuffen

Die Menschen, vor allem in Niedriglohnbranchen, spüren die Regierungsmaßnahmen gegen die Teuerung nicht. Die Maßnahmen kommen jetzt zwar an, so wie die Regierung gegensteuert, verpuffen sie bei ganz vielen Menschen, kritisiert Hebenstreit und nennt als Beispiel das Bodenpersonal auf dem Flughafen Wien. 40 Prozent der Belegschaft sind in der Pandemie gegangen. Von den im Unternehmen Verbliebenen haben sich viele hoch verschuldet, um den Einkommensentfall wegen Corona zu schultern. „Der Betriebsrat hat mir erzählt, es gab Phasen, da hatten sie mehrere Lohnpfändungen am Tag. Diesen Menschen half auch die Kurzarbeit nur bedingt — wenn du 90 Prozent von gar nichts hast, lebst du genauso unter dem Rand“, so der vida-Vorsitzende gegenüber der „Presse“.  

Nachhaltige Wirkung fehlt

Aktuell ist die Inflation in Deutschland niedriger als in Österreich, mehr noch in der Schweiz. Bei den Anti-Teuerungs-Maßnahmen der österreichischen Regierung ist nichts dabei, was die Inflation nachhaltig dämpft, so Hebenstreit: „Wir führen eine monatelange akademische Diskussion darüber, was treffsicher ist. Und die Folge ist, dass die Inflation so hoch ist, wie sie ist, und weiter steigt.“

Reallohnverlusten nicht zuschauen

Heftig finde der vida-Chef auch, dass man jetzt in Vorbereitung auf die Lohnrunden anfängt, Druck auf die Gewerkschaften aufzubauen, weil sie angeblich die Inflation weitertreiben. „Sollen wir zuschauen, wie die Masse der Menschen einen Reallohnverlust erleidet und wir alle ärmer werden?“, so Hebenstreit im Interview.  

„Wir sind definitiv gegen Einmalzahlungen. Gern obendrauf, aber es braucht niemand glauben, dass wir heuer Lohnabschlüsse machen werden, die unter der Inflation liegen.“

Roman Hebenstreit, vida-Vorsitzender

Es gibt nicht wenige Branchen, die Rekordgewinne geschrieben und enorme Produktivitätssteigerungen verbucht haben. Natürlich ist es Aufgabe der Gewerkschaften, einen fairen Anteil für die Beschäftigten herauszuholen, macht der Gewerkschafter weiter gegenüber der „Presse“ deutlich, dass er und die Gewerkschaften es nicht zulassen werden, dass die Beschäftigten heuer bei den Lohnverhandlungen mit nicht nachhaltig wirkenden Einmalzahlungen abgespeist werden.

Hartes Ringen: Wer zahlt für die Krise?

Bei ihrer Bewältigung wird die entscheidende Frage sein, wer die Krise bezahlt — jene, die es sich leisten können, oder die, die sich nicht wehren können. Es wird mit Sicherheit eine harte Auseinandersetzung. Natürlich werden wir in der übernächsten Lohnrunde damit konfrontiert sein, was die Maßnahmen der Regierung waren und wie sie auf die Reallöhne gewirkt haben. Aber nicht in der anstehenden Runde. Wir verhandeln die zurückliegenden Monate, und da wurde überhaupt nichts ausgeglichen. Im Gegenteil, da gab es Kurzarbeit und nicht selten auch Kündigungen, so Hebenstreit.

Werden sehen, was Arbeitgeber zahlen werden

Ich höre immer, dass eh alle Unternehmen bereit sind, weiß ich was zu bezahlen, aber trotzdem keine MitarbeiterInnen finden. Weil die Leute angeblich nicht arbeiten wollen. Meine Lieblingsbranche ist der Tourismus, wo man nicht müde wird zu erklären, wie viele Tausende Euro sie ihren Leuten nicht bezahlen würde. Bei den kommenden Kollektivvertragsverhandlungen werden wir sehen, was sie tatsächlich zu zahlen bereit sind.

„Solange die Löhne so niedrig sind, braucht mir keiner von einem Mitarbeitermangel reden.“

Roman Hebenstreit, vida-Vorsitzender

Wir haben 14 Millionen Arbeitslose innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes. Und trotzdem schreien die Betriebe nach der Regierung, dass sie Möglichkeiten schaffen soll, aus Drittstaaten Arbeiter ins Land zu holen, die bereit sind, für wenig bis gar nichts alles zu machen. „Das ist überhaupt das Letzte“, entgegnet der vida-Gewerkschafter zum von der Wirtschaft beklagten Arbeitskräftemangel und führt dazu als Beispiel die Pflegeberufe an, die seit 2013 auf der Mangelberufsliste stehen: „Wir sind seit einem Jahrzehnt nicht imstande, diesen Mangel auszugleichen und behelfen uns immer wieder mit dem Ausweiten der Mangelberufsliste oder der Saisonkontingente.“

Ausländische Arbeitskräfte nicht wegzudenken

Gleichsam verhält es sich laut Hebenstreit auch im Tourismus: „Nur weil die Unternehmen nicht bereit sind, selbst auszubilden oder Maßnahmen zu setzen, um für Arbeitnehmer attraktiver zu werden. Wobei der größte Teil der ausländischen Arbeiter aus der EU kommt, da können wir uns wegen der Personenfreizügigkeit nicht abschotten. Außerdem funktioniert die österreichische Wirtschaft nicht ohne Ausländer. Ein Viertel der Beschäftigten hat keinen österreichischen Pass.“

Viele Gastarbeiter bleiben zu Hause

Auf die Frage der „Presse“, wir hören, dass mittlerweile viele Gastarbeiter zu Hause bleiben, antwortet der vida-Chef: „Die Arbeitslosigkeit in den Herkunftsländern ist gesunken, die Löhne steigen, dazu kommen die Kosten für das Pendeln, die wegen der Energiepreise gestiegen sind. Worüber niemand spricht: Durch Zuwanderung entstehen Integrationskosten, für Bildung, Wohnraum, Sozialleistungen. Und die zahlen nicht die Verursacher, sondern die Allgemeinheit. Was ist denn da mit dem Verursacherprinzip?

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