Es reicht! Warnstreiks in der Sozialwirtschaft
Ein mächtiges Zeichen setzen tausende Beschäftigte in hunderten Betrieben im privaten Gesundheits- und Sozialbereich in ganz Österreich: Im Kampf um faire Lohn- und Gehaltserhöhungen, eine Arbeitszeitverkürzung sowie eine Anpassung der Einkommen der KollegInnen in den Berufen des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes finden am 15. und 16. Februar in fast ganz Österreich Warnstreiks statt. Während dieser Warnstreiks wird in den betroffenen Einrichtungen die Arbeit auf Sparflamme zurückgefahren. Die Verantwortung den KlientInnen gegenüber wird selbstverständlich erfüllt, es wird niemand zu Schaden kommen.
Fünf Verhandlungsrunden mit der Arbeitgeberseite haben keine Erfolge gebracht. Jetzt stehen die Zeichen auf Sturm, so Michaela Guglberger, Sekretärin des Fachbereichs Soziale Dienste in der vida: „Psychische und physische Belastungen, die eher mehr werden, schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder auch bescheidene Bezahlung sind die Hauptgründe, warum sich die Kolleginnen und Kollegen einen deutlich besseren Kollektivvertrag verdient haben!“
Runter mit der Arbeitszeit
Vor allem die geforderte Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden pro Woche ist den Beschäftigten ein großes Anliegen. Christian Hörhan, Betriebsrat Lebenshilfe NÖ: „Wie es im Sozialbereich üblich ist, machen die MitarbeiterInnen diesen Job nicht nur des Geldes wegen, sondern einfach weil sie ihn lieben. Sie stecken viel Herzblut rein, arbeiten bis ans Limit. Und was man in den Jahren auch feststellt, die Belastung wird von Jahr zu Jahr größer. Unser Klientel, das wir betreuen, wird älter, verändert sich, und wie jeder weiß, es kommen einfach Wehwehchen daher, daher die große Arbeitsverdichtung. Und daher fordern wir auch, dass sich unsere MitarbeiterInnen mehr Freizeit verdient haben zur Regeneration.“
Soziale Arbeit ist mehr wert
Dass 35 Wochenstunden bei den belastenden Tätigkeiten genug seien, betont auch Bogdan Lazar, Betriebsrat SeneCura Krems: „Unser Beruf macht sehr viel Spaß. Es ist auch schön zu sehen, dass man Lob und Anerkennung von unseren HeimbewohnerInnen erhält. Dafür braucht es aber ausgeruhtes und motiviertes Personal, um den Anforderungen, die in den letzten Jahren massiv in die Höhe gehen, gerecht zu werden. Deshalb kämpfen wir für eine Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden und mehr Gehalt. Soziale Arbeit ist mehr wert, und muss mehr wert sein!“
Einkommen endlich erhöhen
Kämpferisch gibt sich auch Manuela Glaubacker. Sie ist Betriebsrätin des Hilfswerks Niederösterreich: „Ich arbeite jetzt seit 25 Jahren in der mobilen Pflege. Die Arbeit ist sehr schön, herausfordernd. Ich bin dort Gesundheits- und Krankenpflegerin.
Wir hinken hinter den Landeseinrichtungen gehaltsmäßig schon seit vielen, vielen Jahren hinterher. Jetzt haben wir die neue Gesundheits- und Krankenpflegesetz-Novelle, das heißt, die Schere geht noch weiter auseinander. Ich fordere für unseren Beruf – egal ob das jetzt Pflegeassistentin, Pflegefachassistentin, diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin ist – endlich reale Löhne, bessere Löhne, die auch unseren Tätigkeiten entsprechen!“
Insgesamt arbeiten im privaten Gesundheits- und Sozialbereich über 100.000 Beschäftigte. Bereits am 18. Jänner hat eine österreichweite BetriebsrätInnenkonferenz mit 500 TeilnehmerInnen stattgefunden. Ende Jänner sind in Wien über 3.000 Menschen auf die Straße gegangen, um für einen fairen Lohn- und Gehaltsabschluss zu demonstrieren. Da auf Seiten der Arbeitgeber keinerlei Bewegung zu verzeichnen war, hat es grünes Licht für Warnstreiks gegeben. Die zuständigen Gewerkschaften GPA-djp und vida betonen, dass sie jederzeit bereit seien, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Hier ein kleiner Überblick über den ersten Streiktag
Wien
Im Standort Pensionistenhaus Maria Jacobi im 3. Wiener Gemeindebezirk wurde von 48 Beschäftigten (PflegerInnen, Technik, Reinigungskräfte) für 3 Stunden am Vormittag die Arbeit niedergelegt. Das führte dazu, dass am Vormittag keine Mobilisierung (Physiotherapie usw.) durchgeführt wurde und die Wohnungen der Heimbewohner heute - wie sonst täglich üblich - nicht gereinigt wurden.
Am 15. und 16. Februar werden sich in Wien rund 80 Einrichtungen an den Streiks im Rahmen der SWÖ KV-Verhandlungen beteiligen.
In zahlreichen Betrieben werden Betriebsversammlungen abgehalten, unter anderem auch bei der Wiener Kinder- und Jugendbetreuung.
Im Kuratorium Wiener Pensionisten Atzgersdorf findet am 16. Februar eine Betriebsversammlung statt.
Niederösterreich
Vor der Landesgeschäftsstelle des Hilfswerks St. Pölten wurde statt eines Warnstreiks eine zweistündige Mahnwache in den frühen Morgenstunden des 15. Februar abgehalten. Am Nachmittag sind in Niederösterreich weitere Betriebsversammlungen von insgesamt 16 Betrieben geplant.
Oberösterreich
Vorerst wurden keine Vorfälle gemeldet und die Lage in den Betrieben ist ruhig. Sechs Betriebe bzw. zwölf Einrichtungen beteiligen sich an den Warnstreiks. Am Nachmittag streiken unter anderem auch Ärzte in Betrieben des Psychosozialen Dienstes.
Salzburg
Ein erster Erfolg für Beschäftigte im Gesundheits- und Sozialbereich konnte bereits erwirkt werden! Das Land Salzburg sichert zu, die Lohnschere in mehreren Schritten zu verkleinern – 1 Million Euro für 2018!
Soziallandesrat Schellhorn hat im Gespräch mit den Arbeitgeber- und ArbeitnehmervertreterInnen zugesagt, die Lohnschere zwischen Pflegekräften im privaten und im öffentlichen Dienst abzubauen. Pflegekräfte im öffentlichen Dienst bekommen bis zu 300 Euro brutto mehr als jene im privaten Dienst. Soziallandesrat Schellhorn will dem entgegenwirken und für 2018 eine Million Euro zur Verfügung stellen – der Rest sollte in den darauffolgenden Jahren kommen.
Insgesamt beteiligen sich 5 Betriebe in Salzburg.
Kärnten
In Kärnten beteiligen sich unter anderem die Volkshilfe (Mobile Dienste und PensionistInnen), AVS, Senecura und das Hilfswerk an den Streiks.
Volkshilfe und Pro Mente in Kärnten haben bereits angekündigt, das/den Lohn/Gehalt während des Streiks nicht auszusetzen.
Steiermark
Seit 07:00 sind Streiks am Laufen und rund 10 Betriebe beteiligen sich am 15. und 16. Februar.
Burgenland
Im Burgenland sind keine Warnstreiks geplant. Eventuell kommt es zu Mahnwachen oder erneuten Betriebsversammlungen, für den Fall, dass es zu weiteren Streiks im SWÖ kommen sollte.
Gemeinsam stark!
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