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Ausländische Frächter

Kabotage: 500 Millionen Euro Schaden in Österreich.

Mindestens jeder fünfte innerösterreichische Transport erfolgt durch Frächter aus dem Ausland, der sogenannten "Kabotage". Dadurch entsteht der Volkswirtschaft ein Schaden von 500 Mio. Euro im Jahr und obendrein gefährdet sie gut 14.000 Arbeitsplätze, rechneten am Dienstag die Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida gemeinsam mit dem Sozialpartner Wirtschaftskammer Österreich, Transportsparte vor.

Sie stützen sich bei den Zahlen auf eine von ihnen in Auftrag gegebene Studie von WU-Professor Sebastian Kummer - und das Ergebnis hat selbst den Experten der heimischen Transportwirtschaft überrascht. "Ich hätte nie gedacht in welchem Ausmaß Kabotage betrieben wird. (...) Sie wird systematisch eingesetzt", so Kummer vor Journalisten.

Ende der österreichischen Transportwirtschaft?

Eine Zunahme der Kabotage habe auch das EU-Statistikamt Eurostat verzeichnet, allerdings sei eine Vergleichbarkeit der Daten schwierig - wie überhaupt die Kabotage nur schwer zu kontrollieren sei. Denn um zu prüfen, ob sich der ausländische Transporteur an die Kabotageregel von maximal drei Mal be- und entladen hält, müsse die Finanzpolizei ihn viermal erwischen, so Karl Delfs, Bundessekretär für den vida-Fachbereich Straße. Unterstützt wird er bei seiner Kritik von Alexander Klacska, Obmann der Transportsparte in der WKÖ: "Wir fordern eindeutige Belege, die mitzuführen sind."

Stattdessen wolle die EU-Kommission den Markt weiter liberalisieren, wogegen die vida in Abstimmung mit den anderen europäischen Verkehrsgewerkschaften massiven Widerstand ankündigt. "Das wäre das Ende der österreichischen Transportwirtschaft", so Delfs.

Digitaler Fahrtenschreiber muss früher kommen
Einigkeit zwischen Frächtern und Gewerkschaftern gibt es auch bei der Kritik an der sehr großzügigen Regelung für den fälschungssicheren digitalen Fahrtenschreiber, für dessen Einbau es europaweit eine Übergangsfrist bis 2035 gibt. Delfs verweist auf eine Untersuchung, wonach rund 40 Prozent der Transit-Lkw mit manipulierten Tachos unterwegs sind - und zwar als rollende Bomben, weil bei der Manipulation durch einen Magneten sämtliche Sicherheitseinrichtungen des Lkw ausgeschaltet werden - bis hin zum Bremskraftassistenten.

Jeder zweite schwere LKW ausgeflaggt
Wobei nicht jeder Frächter, welcher Kabotage betreibt, ausländische Wurzeln hat. Mittlerweile ist bereits jeder zweite schwere Lastwagen ausgeflaggt, sprich der österreichische Frächter hat sein Fahrzeug im Ausland angemeldet. Laut einer Studie von Kummer soll es heuer erstmals mehr Transit-Lkw von österreichischen Betreibern mit ausländischer als mit inländischer Zulassung geben. Wie viel Kabotage auf ausgeflaggte "Exil-Österreicher" entfällt, lasse sich nicht beziffern, so Kummer und Klacska.

Mehr Kontrollen gefordert
Delfs wie Klacska fordern jedenfalls deutlich mehr Kontrollen und mehr Engagement der Bundesregierung in Brüssel für bessere Überprüfungsmöglichkeiten der Kabotage sowie der Lenk- und Ruhezeiten und Fahrzeuge, die diese Kabotage durchführen. Bei der Belegpflicht könnte sich Österreich ein Beispiel an Deutschland nehmen, so die Sozialpartner.

4 von 5 Transit-Lkw-Fahrern kochen täglich im Lkw
Im Zuge der Diskussion um die Verlagerung der Firmenstandorte heimischer Frächter nach Südosteuropa und der zunehmenden Frachttätigkeit ausländischer Firmen in Österreich hat die vida heute auch einmal mehr auf die dramatischen Arbeitsbedingungen im Fernverkehr hingewiesen. So kochen vier von fünf Fahrern täglich im Lkw, 70 Prozent von ihnen waren seit über 12 Wochen nicht zuhause.

Befragt wurden dafür rund 1.000 Transitfahrer aus Südosteuropa, so Delfs. Demnach beklagen 95 Prozent, dass sie nicht korrekt bezahlt würden. Gleich viele müssten regelmäßig ihre Wochenenden im Lkw verbringen, obwohl ihnen dafür ein Zimmer zustehen würde. 80 Prozent erhielten kein Geld fürs Be- und Entladen.

10 Euro brutto für 100 Kilometer
Und das Schlimmste laut Delfs: 60 Prozent werden nach Kilometerleistung bezahlt, und zwar nur mit rund zehn Euro brutto für 100 Kilometer, von denen auch noch Schäden und Strafen bezahlt werden müssten. Das würde dazu führen, dass vielfach die Lenk- und Ruhezeiten nicht eingehalten würden.

Infrastrukturminister Jörg Leichtfried (SPÖ) verwies heute auf die von ihm initiierte Plattform Lkw-Sicherheit, die ab 2017 gemeinsame Schwerpunktkontrollen von Innenministerium, Sozialministerium und Sozialversicherung koordiniert. Auch das Schulungsprogramm für die Kontrollorgane werde ausgebaut.

Laut Delfs wurde in der EU das Kontrollpersonal für Lenk- und Ruhezeiten innerhalb nur eines Jahres um 75 Prozent auf 96.000 Personen reduziert. "Wir würden uns mehr Kontrollen wünschen und haben in unserem Bereich auch nicht gekürzt", hieß es dazu auf Anfrage der Austria Presseagentur (APA) aus dem Verkehrsministerium.

(Quelle: APA)

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